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was geschrieben ist: „ein jeder bleibe in dem, darin er berufen ist.“ So sicher wir nun das wißen, so gewis würden wir aber doch den Weg des Hochmuths betreten, wenn wir Jüngerinnen wie die heilige Paula um des Irrwegs willen, den sie sich erwählten, und zwar nach großen Beispielen erwählten, gering schätzen und an ihnen theilnahmslos wie an fremden vorübergehen wollten. Es ist wahr, daß unsere Zeit und wir in ihr nicht an den Fehlern leiden, an welchen das Zeitalter der heiligen Paula und spätere gelitten haben; aber wir leiden an anderen Fehlern und Gebrechen, welche in der That nicht geringer sind, als die der früheren Zeiten. Hat man früher das Geistliche in Gegensatz zum Leiblichen gestellt, und sich in der Abtödung des Fleisches, welche doch in einem gewissen Maße von dem heiligen Geiste gefordert wird, mehr geübt, als in der Durchdringung des leiblichen Lebens durch das geistliche; so ist es im Gegentheil unser Fehler, die Seele durch Hingabe ans Zeitliche und Irdische zu verweichlichen und anstatt unsern Leib verklären zu laßen, vielmehr ohne alle Rücksicht auf unsere geistlichen Bedürfnisse in den Tag hinein und so zu leben, daß zwischen uns und Heiden kaum ein weiterer Unterschied gefunden werden kann, als der

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Wilhelm Löhe: Rosen-Monate heiliger Frauen. S. G. Liesching, Stuttgart 1860, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Rosen-Monate_heiliger_Frauen.pdf/35&oldid=- (Version vom 2.10.2016)