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Wilhelm Löhe: Sabbath und Vorsabbath. Eine Anweisung zum Herzensgebet

 11. Aber ist nicht die Phantasie dabei im Spiele?

 Gott ist gegenwärtig, das ist keine Phantasie. „Wendet euch zu mir, so werdet ihr selig“ – das ist keine Phantasie. Der Welt Valet geben und den HErrn suchen, erblicken, fassen und ihm Credo[1] und Heilig singen, das ist keine Phantasie, als alleine dem Phantastischen. Es gibt ein inwendiges Bewegen, inwendige Wendungen, ein inwendiges Schauen und Innewerden der Seele, daran mehr liegt, und in welchem mehr Wahrheit ist, als in allem äußerlichen Geräusch der Welt.

 12. Aber ob sich das Alles so bei jeder Andacht wieder vornehmen und erzeugen läßt? Es ist, scheint mir, zu viel Methode dahinter!

 Du nimmst es nur zu methodisch. Die Grundgedanken sind Grund-Gedanken der Bekehrung im Großen. Jede Vorbereitung zum Gebete aber ist eine Bekehrung im Kleinen.

 13. Wenn nun aber das Alles zum Vorsabbath gehört, so bin ich doch begierig zu vernehmen, was du zum Seelensabbath selber rechnest.

 Der Seelensabbath selbst ist nichts anderes, als eine lebendige, kräftige Uebung unsers ganzen inwendigen Christenthums, durch welche man zu der lebendigen Empfindung der Kraft, des Lebens und der Offenbarung Gottes in uns kommt. Daß aus seiner Fülle etwas auf den Vorsabbath überfließt, ist natürlich: er lebt nur vom Sabbath. Es ist wie bei der Ahnung und


  1. D. h.: „ich glaube“, verstehe: das Glaubensbekenntnis singen.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Sabbath und Vorsabbath. Eine Anweisung zum Herzensgebet. Druck und in Commission der C. H. Beck’schen Buchhandlung., Nördlingen 1843, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Sabbath_und_Vorsabbath.pdf/9&oldid=- (Version vom 1.8.2018)