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D. D. p. Tr. IV.
Von der seufzenden Creatur.




Röm. 8., 18–23.

Die heutige Epistel stellt theils diese Welt als ein Jammerthal dar, theils weis’t sie uns auf die künftige freudenreiche Welt. So will ich denn auch heute unter dem Segen Gottes von dem hiesigen Leidensstand und dem dortigen Freudenstand predigen. Gott helfe mir und euch! Amen.


1.

 Der Leidensstand ist allgemein. Alle Menschen, Gläubige und Ungläubige, leiden. Sie leiden am Leibe; denn wo unter allen Menschen ist derjenige, der nicht über irgend ein leibliches Leiden zu klagen hätte. Der Krankheiten ist eine zahllose Menge und selbst die Gesundheit des Gesündesten ist nichts, als nur ein geringeres Maaß von Krankheit. Dazu bei den Gesündesten oft Mangel am täglichen Brode, Armuth und Hungersnoth; bei denen, die Brods genug haben, auch Schweiß des Angesichts genug; bei denen, die nicht von Arbeit schwitzen, eine lastende, satte Trägheit; bei allen so viele auszustehende Abwechselungen der Jahreszeiten und des Wetters, allerlei Qual und Plage von außen her und zuletzt der Tod. Das haben Gläubige und Ungläubige zu erfahren – dem Leibe nach. So leiden auch alle an der Seele; da ist Kummer