Seite:Wilhelm Löhe - Sieben Predigten in Nürnberg zu St. Aegydien (2. Auflage).pdf/6

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Was rücksichtlich eines übermäßigen Hervortretens der Phantasie hie und da von dieser Arbeit gesagt wurde, will der Verf. gar nicht überall in Abrede stellen; doch hat für einige auch der Glaube die Gestalt der Phantasie. P. 70 der ersten Auflage ist Beweis, daß der Verf. den bemerkten Vorwurf schon zuvor geahnt hat.

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 Keine der nachfolgenden Predigten hat die von der jetzigen Homiletik gebotene Form; allein, falls es auch dem Verf. nicht schwer wäre, sich dieselbe anzueignen, so würde er doch, bescheidentlich zu reden, Bedenken tragen, es zu thun. Sie ist so gar verschieden von der Predigtweise des Herrn und Seiner ersten Kirche. Es ist bekannt, wie viele Mühe man sich gegeben hat, der Bergpredigt des HErrn eine moderne Disposition unterzulegen, aber mit welcher Frucht? Und was für ein Urtheil würde erst jene Predigt Apostgesch. 2., welche Tausende von Seelen dem HErrn gewonnen hat, vor dem Richtstuhl schulgerechter Tage finden! (1. Cor. 3, 3.) Aehnlich ginge es auch gerade denen, welche später den Beruf evangelischer Prediger am treusten, mit dem gesegnetsten Erfolge und größtem Nachruhm zu erfüllen suchten: einem Origenes, Macarius, Chrysostomus, – einem Augustinus, Leo M., Bernardus Clarivallensis, ja, dem ersten aller Prediger seit der Apostel Hingang, Dr. Martin Luther; sie alle trachteten mit ihren Predigten viel zu sehr nach dem Reiche Gottes und Seiner Gerechtigkeit, als daß sie auf die oft willkührlich ersonnenen Fesseln