Seite:Wilhelm Löhe - Sieben Predigten in Nürnberg zu St. Aegydien (2. Auflage).pdf/79

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zum Tod entschläft. Wenn der Sterbende vollendet hat, seine Augen geschlossen sind, sein Mund schweigt, seine Hände ruhen, so schauen wir auf zu Jesu und sprechen: „Nun ist unser Freund Lazarus entschlafen. Wie ist sein Schlaf so stille!“ – Liebste Brüder! Sollten wir unsern Freunden den Schlaf im Grabe nicht gönnen? Im Schlaf ist Ruhe: sollte man ihnen die Ruhe nicht gönnen? Das Leben, wenn’s köstlich gewesen ist, ist Mühe und Arbeit gewesen: sollte man nicht am Feierabend froh seyn, wenn Mühe und Arbeit schweigen? So lange die Unsrigen im irdischen Leben sind, mögen sie sprechen : „Ich muß wirken, so lange es Tag ist!“ Wenn man sie aber in’s Grab senkt, dann wollen wir sprechen: „Die Nacht ist kommen, wo man nicht mehr wirken kann“, denn sie ist den Menschen zur Ruhe gegeben. Ruhe aber und Schlaf ist kein Verderben, noch Tod; sondern ein heimliches und stilles Leben. Ob wir an den Todten Gottes das Leben merken, oder nicht, was liegt daran? Wenn nur Gott es weiß!

 Tröstet euch also, meine Lieben, über eure im Herrn entschlafenen Todten! Es ist nicht gar aus mit ihnen; sie schlafen nur. Der durch Seinen eigenen Todesschlaf im Grabe unsere Gräber zu Schlafkammern eingeweiht hat, steht gleichsam am Grabesbettlein auch jetzt noch, rufend: „Kommet her zu Mir alle, die ihr mühselig und beladen seyd!“ Und wenn Er sie in des Todes Staub legt, spricht Er: „Ich will euch erquicken!“ und: „So werdet ihr Ruhe finden!“ – Wer wollte nicht gerne, wie reife Aehren in die Sichel, so in die liebevollen, leidlosen Arme unsers Jesu seine Sterbenden sinken sehen?

 b. Ferner liegt in demselben Wörtlein „Schlaf“ große Hoffnung. – Wenn einer am Abend auf seinem Lager liegt und von der ganzen Welt nichts weiß, erschrickt kein Mensch darüber. Dieser Müde schläft ja nur, aus dem Schlafe ist ja wieder ein Erwachen, und ein Schlafender