Seite:Wilhelm Löhe - Sieben Predigten in Nürnberg zu St. Aegydien (2. Auflage).pdf/8

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kann. Daher sagt auch Luther, ein Prediger sey ein guter Dialecticus. Freilich aber ist die dialectische Kunst des HErrn und also auch Seiner Diener über weltlichen Verstand sehr oft erhaben, und die Werke Seiner Kunst laufen nicht einher, wie zugeschnittene Hecken und Gänge menschlicher Gärten, sondern wie die Gassen des gestirnten Himmels, die ihre heilige Ordnung und das Centrum der Herrlichkeit des Herrn, zu dem sie führt, nicht Jedermann verrathen. – – Summa: Gottes Wort macht Gottes Kinder und Prediger; wer seinen Dünkel ablegt und arm und klein sich in des Wortes Schule begibt, wird ihm verwandt und erbt zum Predigen eine Beweisung des Geistes und der Kraft, ohne welche die Worte nur vergänglicher Hall, nicht aber das Sausen des HErrn sind, in welchem Er selber kommt. Wer nicht im Worte Gottes lebt, dem fehlen Geist und Kraft, 1 Cor. 2, 4., und solche Leute wollen dann durch Aufwand von Worten, die menschliche Weisheit lehren kann, ihrer Predigt den Eingang schaffen, welchen ihr der Herr verweigert, und glauben lächerlicher Weise dem allmächtigen Worte Gottes zu dem verheißenen Segen zu helfen, während es ihnen längst entflohen und anderwärts der Kinder viele, wie Thau am Morgen, geboren hat, ohne auf Menschenhülfe zu warten. Ganz recht verfährt daher Augustinus in seiner Anweisung für Prediger (de doctrina christiana), wenn er zuvor in dreien Büchern die Prediger in Gottes Wort und dessen Verständniß einzuleiten sucht