Seite:Wilhelm Löhe - Sieben Predigten in Nürnberg zu St. Aegydien (2. Auflage).pdf/81

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vom Ostermorgen für ein Mährlein hielten. Aber wir behaupten noch mehr, als wir schon behauptet haben. So wenig, sagen wir, ist die Hoffnung der Auferstehung ein Mährlein, daß die Auferstehung vielmehr bereits angefangen hat. – Ist nicht der, welcher gesprochen hat: „Ich habe Macht, mein Leben zu lassen, und es wieder zu nehmen“ – ist Er nicht in’s Grab gegangen, um am dritten Tage Sein Leben wieder zu nehmen? – Als Er sterbend am Kreuze hing, riefen ihm Seine Feinde zu: „Arzt, hilf dir selber!“ „Steig herab vom Kreuz!“ spotteten sie. „Er hat Andern geholfen, und kann sich selber nicht helfen!“ triumphirten sie voll Schadenfreude. Aber Er, der sterbende Lebensfürst, antwortete Nichts. Seine Stunde war noch nicht kommen. Vom Kreuze wollte Er nicht steigen, aber Größeres wollte Er thun: aus dem Grabe wollte Er steigen. Völlig wollte Er sich hingeben in die tiefste Erniedrigung: dann sollte Sein Arm Ihm helfen. Wenn Er in’s tiefste Thal hinabgestiegen wäre, dann wollte Er, wie mit Adlersflügeln, in die höchste Höhe fahren. Freiwillig legte Er sich in des Todes Staub, – freiwillig konnte Er alsdann wieder auferstehen! – So sehen wir ja, daß Er, daß unser Jesus in der Auferstehung der Erstling worden ist unter denen, welche schlafen! So hat ja die Auferstehung ihren Anfang bereits genommen!

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 Konnte aber Christus das Größte, nämlich den eigenen Leichnam auferwecken, wie viel mehr wird Er das Kleinere können, – unsere Leichname auferwecken. Hat Er die Auferstehung angefangen, so wird Er sie auch fortsetzen. Er ist das Haupt, wir seine Glieder: ist das Haupt im Leben, so können Seine Glieder nicht im Tode bleiben. – Er verheißt den Seinigen: „Ich lebe, und ihr sollt auch leben!“ Wer mein Fleisch isset und trinkt mein Blut, der hat das ewige Leben und ich werde ihn auferwecken am jüngsten Tage.“ Seine Verheißung trügt nicht! Hat Er vor Seinem Tode gesagt: „Brechet diesen Tempel und am