Seite:Wilhelm Löhe - Sieben Predigten in Nürnberg zu St. Aegydien (2. Auflage).pdf/86

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wenn ihre Lieblinge anfangen, den Weg zur Herrlichkeit zu gehen? Warum beklagt man, die im Herrn sterben? Sie schlafen, sie liegen als Körnlein in der Erde, – über ihnen ist Gottes Thau, ein Thau des grünen Feldes, welcher die Erde für die Ernte des Auferstehungstages befruchtet! Bis auf jenen Tag sind die Leichname in Ruhe: ihre ewige Herrlichkeit ist ihnen durch einen ewigen Bürgen verbürgt! Kann das nicht trösten? Sagt nicht der heilige Apostel in unserm Text: „Tröstet euch mit diesen Worten!“? – Wahrlich, wer in der Lehre von der Auferstehung keinen Trost findet, rücksichtlich frommer Verstorbener, der ist für einen großen Trost des Christenthums unempfänglich, – der gönnt seinen Todten weniger ihre Ruhe und ihr Daheimseyn bei dem Herrn, als sich selber die Freude ihrer Gegenwart, – der ist nicht um der Todten, sondern um seines eignen Verlustes willen betrübt, – der liebt nicht sie, sondern sich selbst in ihnen!

 Theure Seelen! Gönnet den Verstorbenen ihr Loos, welches ihnen auf das Liebliche gefallen ist; aber – und das ist sehr wichtig! – gönnet auch euch dasselbe Loos! Nur die Todten, welche im Herrn sterben, werden ein so seliges Loos empfangen; was aber denen geschehen werde, welche im Unglauben sterben, davon schweigt zwar unsre Epistel, aber andre Stellen der heiligen Schrift machen es offenbar. Eine schreckliche Ewigkeit wartet Derer, welche nicht im Herrn sterben. Darum kommt Alles darauf an, wie man stirbt, ob im Glauben, ob im Unglauben, – Alles darauf, daß man im Herrn stirbt. Daß wir im Herrn, im Glauben an Ihn sterben, sey darum unsre größte Sorge. Weil aber, um in dem Herrn zu sterben, kein sichererer Weg ist, als daß man im Herrn lebe, so schaffe ein Jeder unter uns mit allem Eifer, daß er, er lebe oder sterbe, im Herrn erfunden werde!

 Ihr, in welchen der barmherzige Gott etwa schon ein Fünklein des Wohlgefallens an Jesu Christo und des Glaubens