Seite:Wilhelm Löhe - Sieben Predigten in Nürnberg zu St. Aegydien (2. Auflage).pdf/96

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Gewalt im Himmel und auf Erden. Doch aber ist Er nicht schrecklich, die Spuren Seines Leidens und Sterbens sind an Ihm erkennbar, Seine Wunden, die Siegel unsrer Versöhnung mit Gott, glänzen, – es ist Der, Der für uns aus überschwänglicher Liebe in den Tod ging! Er kommt, und Sein Herz hat sich gegen uns nicht verändert. Herrlich und lieblich ist Sein Kommen.

 Und welch’ eine Absicht hat Sein unsichtbares Kommen? Siehe, es treibt Ihn Seine Liebe, dieselbe Liebe, die Ihn in den Tod getrieben, Seine erlösende, Seine hülfreiche Liebe! Wohl wäre es genug, daß wir, Seine Diener, vor Ihm her Hosianna singen, und Seinen Namen predigen, daß die Welt davon erschallt. Aber Er will uns nicht allein ziehen lassen. Er kommt hinter Seinen Dienern her. Er hat es verheißen, da Er sprach: „Siehe, Ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende!“ Gleichwie Er sagt: „Wo Ich bin, da sollen meine Diener auch seyn;“ so ist’s auch wahr: wo Seine treuen Diener zur Predigt Seines Namens sich befinden, da ist auch Er selbst! Er macht mit ihnen gemeinschaftliche Sache: ja, Er ist der Arbeiter und sie sind Seine Mitarbeiter! Sie suchen Seelen, Er sucht und findet sie. Er sucht, der gute Hirte. Die Menschen auf Erden sind ein irrsam und sündiges Geschlecht; darum sucht Er sie. Er sucht alle, alle Seine verlornen Schafe, Sein Geist und Wort müssen allen Sündern nahen, Er will alle Gewissen trösten, jede Seele heiligen, und wer selbst unrettbar verloren zu seyn wähnt, dem will Er zeigen, daß Seine Liebe und Liebesmacht alle Sünde und Sündenmacht übersteigt! Freuet euch, die ihr euch an so etwas freuen könnt. Ein Hirte aller Schafe, Ein Heiland aller Völker zu werden, das ist die Absicht Seines Kommens in unsern Tagen.

 Aber bedenkt, liebste Seelen, sanftmüthig ist auch jetzt Sein Kommen, Er dringt sich Niemand auf: Er klopft an allen Thüren, übergeht keine und zieht keine vor,