Seite:Wilhelm Löhe - Sieben Predigten in Nürnberg zu St. Aegydien (2. Auflage).pdf/98

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

der Herr: „Wer Mich liebet, der wird Mein Wort halten; und Mein Vater wird ihn lieben, und Wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen.“ Ob man Ihn sieht oder nicht, darauf kommt nichts an. Er begehret ja nicht, in unsere sichtbaren Leiber einzuziehen: die unsichtbare Seele will Er zu Seiner Wohnung machen, darum zieht Er auch billig unsichtbar hinein. Er ist überall im Kommen, wo Sein Wort gepredigt wird. Während die Worte an euere Ohren anschlagen, klopfet der Geist an euere Herzen. Wer die Stunde Seines Kommens wahrnimmt, wer mit einem Male die Sorgenmenge, die Freudenmenge, das Getümmel der Ehre, die Sündenlust der Welt weglegt, seines Herzens Thüre mit Verlangen aufthut, zu dem kommt der Gesegnete des Herrn, Gnad’ und Frieden zu bringen aus der Höhe. Ein Solcher wird es an sich spüren – an dem Frieden seiner Seele, an dem Trost in allen Nöthen, an dem Muth zu allem Guten, am Dank für die Vergebung seiner Sünden, an der gewissen Hoffnung des ewigen Lebens bis in den Tod hinein: spüren wird er’s also, daß der Herr Advent gehalten hat, daß Er in Seiner Seele eingezogen ist.




 Nun denn, weil Er allezeit im Kommen ist, bei jeder Predigt Seines Worts, in jeder Stunde, da man Seiner harrt: so wird Sein Kommen auch jetzt, auch im beginnenden Kirchenjahre nicht fehlen, denn wir harren Sein, und predigen Seinen Namen. Darum thue ich meinen Mund auf in dem Namen meines Gottes und verkündige mit Freuden ein gnädiges Jahr des Kommenden. Er kommt, den Elenden zu predigen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu predigen den Gefangenen eine Erledigung, den Gebundenen eine Oeffnung. Er kommt, zu trösten alle Traurigen, zu schaffen den Traurigen zu Zion, daß ihnen Schmuck für Asche und Freudenöhl für Traurigkeit und