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schreibt: „Darnach, als JEsus wußte, daß schon alles vollbracht war, daß die Schrift erfüllet war, spricht er: Mich dürstet.“ Demnach hatte, wie wir auch bereits geschloßen haben, unser HErr schon vor dem Worte: „Mich dürstet,“ Sein Wort: „Es ist vollbracht“, im Sinn. Er spricht: „Mich dürstet“, und sucht damit die leibliche Erquickung und Stärkung, um sodann Seine gewaltigen Abschiedsworte vom Vollbringen und Sterben ertönen zu laßen. Aber nicht bloß, um diesen Zusammenhang aufzufinden, dient uns der 28. Vers; sondern wir könnten versuchen, den Ausdruck „es ist vollbracht,“ durch dieselbige einleitende Bemerkung des heiligen Johannes zu erläutern. Johannes hat ja einen Beisatz, welchen das große Wort JEsu nicht hat; er sagt: „JEsus wußte, daß alles vollbracht war, auf daß die Schrift erfüllet würde,“ und wir ersehen also daraus, in welchem Sinne das Wort des HErrn gemeint ist und in welch anderem es nicht gemeint sein kann. Ganz offenbar will der HErr nichts anderes sagen, als daß nunmehr die Schrift erfüllt sei, daß Weißagungen hinausgegangen seien, alles Ziel und Ende gefunden habe, was es habe finden sollen. Ist aber Von Erfüllung und Vollbringung göttlicher Worte und Weißagungen die Rede, so ist es zu wenig, wenn man das große Wort des HErrn bloß als ein Schlußwort Seines Lebens ansehen und es so auffaßen wollte, als hieße es mehr nicht als: Consummatum est, nun bin ich mit dem Leben fertig. Es ist keine bloße Freudenbezeugung darüber, daß nun die Last und Mühsal und das unaussprechliche Leid und Weh zu Ende geht, auch liegt in dem Worte „es ist vollbracht“ nicht allein das Zeugnis eines guten Gewißens, etwa wie St. Paulus von sich sagt: Ich habe einen