Seite:Wilhelm Löhe - Sieben Vorträge über die Worte JEsu Christi vom Kreuze.pdf/49

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emporsteigen sollt. Er ist ein Reiner und Lauterer, das sahen wir, und in Seiner Reinheit und Lauterkeit ist Er ein Mächtiger, ein König der Seelen und zwar der edelsten, der Seelen Marien und Johannis.

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 Mit dem bereits Gesagten haben wir jedoch noch nicht angedeutet, geschweige dargelegt, wie vortrefflich die letztwillige Verordnung JEsu Christi gewesen ist. Es ist ja schon etwas Außerordentliches, daß der HErr in solcher Noth für die Seinen sorgt, und nicht alle Gedanken und Kräfte Seiner Seele in Erduldung Seiner Leiden aufgehen. Selbstvergeßen darf man Ihn nicht nennen, denn damit würde man Ihn nicht ehren, sondern unehren: was Er zu dulden und zu leisten hatte, durfte nicht einen Augenblick aus Seinem Gedächtnis, aus seinem Bewußtsein, aus Seinem Gefühle treten, und konnte es auch nicht, denn Er duldete Versöhnungsleiden für die ganze Welt. Aber eben das ist das große und wunderbare Ding, daß Er so ganz ergriffen war von Seinen Leiden, und dennoch für die Seinen nicht bloß dachte und sorgte, sondern so dachte und sorgte, daß Er ein eben so nachahmungswerthes als unerreichbares Vorbild für alle wurde, die in ihrem Tode für die Ihrigen sorgen wollen. Warum ordnet der HErr etwas an, warum überläßt Er die Mutter nicht ihren theuren und getreuen Schwestern, in deren Kreis ja auch Johannes, sein Jünger, war? Wenn Er sie Johannes übergibt, übergibt Er sie, äußerlich genommen, derselben Familie; immer dieselben Menschen müßen Seine Mutter versorgen. Aber es ist Ihm eben auch nicht um die pur äußerliche Versorgung zu thun, es gilt hier höhere Zwecke. Seine Mutter steht Ihm hoch; Er kennt sie und weiß, was für ein Entwöhnen und Entbehren es für sie gilt, da gibt