Seite:Wilhelm Löhe - Sieben Vorträge über die Worte JEsu Christi vom Kreuze.pdf/50

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Er ihr einen Ersatz, wie Er ihn nur geben kann, und legt sie ans Herz dessen, der selbst beim Abendmahle an Seiner Brust gelegen war und den Er vorhatte, an Pfingsten so recht nach Seinem eignen Bilde zu begaben und zu verklären. Da hatte denn Seine Mutter nach Ihm den besten Sohn, den die Erde zu bieten vermochte, dazu Seinen treuesten Jünger und innigsten Verehrer und Anbeter. Sie lebte damit in der möglichst ähnlichsten, geistlichen Athmosphäre fort, und ihr schmerzenreicher, entbehrungsvoller Gang bis zu ihrer sehnsuchtsvoll erwarteten Heimfahrtsstunde war ihr damit versüßt, so viel es sein konnte. Sie war damit den Schwestern nicht entnommen, aber ihr Neffe wurde dadurch zu ihrem Sohne, und der Auftrag JEsu, Sohn Seiner Mutter zu sein, schuf und erschloß in seiner Brust eine kindliche Liebe, die er ohne den Befehl JEsu weder gefunden noch gewagt hätte. – Zugleich aber auch, was für eine Freundschaft erwies der HErr Seinem Freunde Johannes in dem Auftrag: Maria, die arme, bedürfnislose in Leid und Entbehrung geübte, konnte ja dem Jünger keine Last sein. Ihre leibliche Versorgung war dem Sohne Zebedäi ein Leichtes. Dagegen aber was für einen Schatz an Erlebnis, Erfahrung, Erkenntnis und Weisheit, was für eine reiche Quelle der seligsten Erinnerungen an JEsu Leben, was für ein unerschöpfliches Buch der heiligsten Geschichte in getreuester Auffaßung und herrlichster Darlegung, was für ein Förderungsmittel seines inneren Lebens, seines Wirkens, seines Apostolates bekam Johannes an der hochverehrten Mutter Maria. Wenn man sie glücklich preisen muß, nach JEsu doch wenigstens Johannem als Sohn zu besitzen, so könnte man ihn, den Jünger Johannes, diesen überglücklichen, der einen großen