Seite:Wilhelm Löhe - Sieben Vorträge über die Worte JEsu Christi vom Kreuze.pdf/81

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bange Stunden hindurch währende Finsternis wenigstens den Dienst, daß wir mit Scheu und dieser Bescheidenheit herantreten zu der Frucht, die sie getragen hat, das ist eben zu dem mittleren vierten Worte, welches den Höhenpunkt aller Leiden JEsu bezeichnet, um es mit stummem Erstaunen betrachten, wenn man nicht vielmehr sagen will, es nicht zu betrachten und an ihm vorüber zu gehen, wie an einer hereinragenden grauenvollen Macht der Ewigkeit und wie an der Offenbarung eines Gerichtes Gottes, das nicht blos ein Vorläufer aller göttlichen Gerichte, sondern vielmehr der dunkelste, ernsteste Mittelpunkt derselben ist. Ha, wie ist dies Wort des Erlösers so groß und unüberwindlich, ich aber und ihr nur wie ein Schwärmchen kleiner Mücken, die an der erlöschenden Charfreitagssonne kreißen und sich über die Nacht am hellen Tag verwundern. Was ists für ein erbärmliches Ding, ein Schriftausleger zu sein, wenn das mittlere Wort JEsu in der dunkeln Charfreitagsfinsternis die Gemeinde mit der großen Glocke zur Kirche gerufen hat! Was ists, was ich Euch zu sagen habe? Weniger als wenig, und was könnt ihr verstehen? Gleichfalls wenig. Doch wolan, laßt uns zur Aufgabe gehen; hier ist gedient, auch wenn wir an ihr erlahmen, denn es ist alles geschehen, wenn Gott in Gnaden groß und wir im Gefühl der Sünden klein werden und doch Seiner Gnade genießen.

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 Nach einer langen bangen Stille des HErrn an seinem Kreuze beginnt er auf einmal mit lauter Stimme zu rufen: „Eli, Eli, lama sabachthani.“ Ein mächtiger Ruf in die finstere Welt hinein, deßen Inhalt von den elenden Kriegsknechten unter dem Kreuze schon deshalb nicht verstanden wurde, weil er in einer Sprache geschah, die ihren Ohren fremd klang. Es kann sich