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Joh. 19, 28.
28. Darnach, als JEsus wußte, daß schon alles vollbracht war, daß die Schrift erfüllet würde, spricht Er: Mich dürstet.

 So wie die drei ersten Worte des HErrn vom Kreuz in einem unverkennbaren Zusammenhang stehen, so kann man ein Gleiches von den drei letzten behaupten; nur das vierte steht einsam in der Mitte und auf dem Gipfel. In den drei ersten scheint es, wie wenn Sich der HErr von allen Menschen los machte, um frei von allen in die große schwere Arbeit Seiner gottverlaßenen Finsternis hineinzugehen. Bei den drei letzten im Gegentheil ist es, wie wenn Er mit der Hauptsache Seiner Leiden bis auf die Erfahrung Seines zeitlichen Todes fertig wäre und nun nur noch dafür sorgte, Seinen Ausgang aus der Zeit recht öffentlich und feierlich zu machen. Das bange schwere Gefühl, welches man bei dem mittleren Worte JEsu erfahren hat, ist nun eigentlich vorüber, wie denn auch unser Text vor Erwähnung des fünften Wortes ausdrücklich sagt, der HErr habe gewußt, daß nun alles vollendet sei. Im fünften Worte scheint der HErr für Seine leibliche Erquickung zu sorgen, um im sechsten als der größte aller Prediger und Propheten der Welt das volle Gelingen Seiner Arbeit anzukündigen, und dann im siebenten die letzte große That und Erfahrung des leiblichen Todes