Seite:Wilhelm Löhe - Tägliche Erneuerung des Taufbundes.pdf/4

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

so kann er doch in einzelnen Fällen ein solches haben, wie z. B. ein erwachsener Täufling rücksichtlich seiner Taufe. Oder warum sollte denn ein Jude oder Heide, welcher zur Taufe des HErrn Jesus kommt, nicht ein redliches Verlangen nach der Taufe haben und mit gutem Gewißen sagen können: „Ich bin zwar ein Sünder und verdiene nichts anderes, als alle Strafen meines Gottes, aber eins weiß ich gewis, daß ich nicht verloren gehen will, und bei dem Verlangen nach Taufe und Annahme in den Bund Gottes keine andere Absicht als die habe, so gut als möglich für meine Seele und Seligkeit zu sorgen.“ Eben weil man in Anbetracht seines ganzen Lebens ein unruhiges Gewißen hat, findet man sich innerlich desto völliger und mächtiger getrieben, die Taufe zu suchen. Hast nun du, mein Kind, bei deiner Taufe keinerlei Gewißen gehabt, weil all dein Bewußtsein und all deine Kräfte in dir nur wie Keime und schlummernd vorhanden waren; so haben doch deine Eltern und Pathen, da sie dich zur Taufe brachten, das gute Gewißen gehabt, das du nicht haben konntest; sie wußten, daß sie recht thaten, dich zur Taufe zu bringen, und als deine Vertreter für dich den Bund mit Gott zu suchen. Auch bringst du selbst hinterher dein eigenes gutes Gewißen hinzu, so oft du deinen Taufbund erneust, und so oft du anerkennst, daß dir deine Eltern und Pathen die größte Wohlthat damit erwiesen, daß sie dich zur Taufe brachten. So wenig gutes Gewißen du hast und haben magst, seitdem du zum Gebrauch deiner Vernunft und deiner Gaben herangewachsen bist, das weißt du denn doch gewis, daß du zur Stunde, wenn du nicht getauft wärest, zur Taufe eilen würdest, und daß dein Verlangen redlich und völlig sein würde.


II.

 Besteht nun also zwischen dir und deinem Gott in Wahrheit ein Bund, so kommt alles darauf an, daß er