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Wilhelm Löhe: Wilhelm Löhe’s Tractate für die Seelsorge. IV: Timotheus. Eine Ermahnung an die Eltern, ihre Kinder von Jugend auf die heilige Schrift zu lehren, und an die Kinder, sie von Jugend auf zu lernen.

muß er sie also auch von Kind auf gelernt haben, so muß man sie also auch einem Kinde lehren können, so muß sie also auch für das kindliche Verständnis nicht zu schwer, so muß sie für jedes menschliche Verständnis und für jedes Maß der Einsicht zugänglich sein, auch wenn man keinen weitern Lehrer hat, als eine Mutter Eunice und eine Großmutter Lois. Daher hilft es auch nichts, zu widersprechen, die Schrift ist und bleibt nütze für alle Menschen, und kann jedermann, zumal an der Hand eines schon geübten Bibellesers oder Lehrers unterweisen zur Seligkeit. Daher soll sie auch jedermann lesen und seine Kinder lesen lehren.


IV.

 Lesen, – was für eine wunderliche Kunst ist das! Die Zeichen auf dem Papier erwecken dir, wenn du sie einmal kennst, die Erinnerung an Töne, welche du innerlich zusammenfaßest und als Worte aussprichst; die Worte aber wecken in dir die Erinnerung an mancherlei Begriffe und Gedanken. Wenn also dein Auge an den Zeichen und Zeilen im Buche haftet, so ist es, wie wenn jemand mündlich mit dir redete, und wer dir schreibt, dessen Gedanken kannst du verstehen und inne werden, auch wenn er durch Berg und Thal, durch Fluß und Meer von dir geschieden ist. Ich weiß keine herrlichere Kunst, als die, zu lesen, und die damit so eng verbundene, zu schreiben. Wer lesen kann, dem stehen alle Pforten des Wißens offen; wer nicht lesen kann, bleibt entweder ein ungebildeter und unwißender Mensch, oder er muß sich mühsam dasjenige zusammen hören, was er durch Lesen so schnell und leicht gewinnen könnte. Schon für das irdische, zeitliche Leben ist daher das Lesen die wichtigste und nützlichste Kunst, und es ist aller Eltern heilige Pflicht, dafür zu sorgen, daß ihre Kinder lesen lernen. Ueberdies ist es so leicht, ein Kind irgendwie lesen zu lehren, daß man es

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Wilhelm Löhe’s Tractate für die Seelsorge. IV: Timotheus. Eine Ermahnung an die Eltern, ihre Kinder von Jugend auf die heilige Schrift zu lehren, und an die Kinder, sie von Jugend auf zu lernen.. Carl Junge, Ansbach 1865, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Timotheus.pdf/4&oldid=- (Version vom 1.10.2017)