Seite:Wilhelm Löhe - Tractate für die Seelsorge 2.pdf/3

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Trost für Eltern über todtgeborne Kinder.

I.

 Was todtgeboren ist, hat gelebt und ist gestorben, ist ein Todter Gottes ebensowohl, als was am Lichte der Sonnen gestorben ist. Es ist gleichviel, ob ein Menschenkind in seinem Bettlein stirbt, oder im Leibe der Mutter. Ist aber todtgeborner Mensch ein Todter Gottes, so gilt von ihm, was von allen: „Ihm, dem Herrn, leben sie alle.“ Luc. 20, 38. Also die Todtgebornen leben dennoch.

II.

 Du sprichst: „Leben die Todtgebornen auch alle, auch wenn sie vom Leibe der Mutter gegangen sind, ohne belebt gewesen zu sein? Man sagt ja doch, daß die Kinder im Mutterleibe nicht von Anfang belebt sind, wie auch die Mutter die Lebensregung ihres Kindes erst später fühlt.“ Auf diese Frage versichere ich dir: Sie leben alle. Die Kinder leben, ehe die Mutter die Lebensregung fühlt, sie leben vom ersten Augenblick ihres Daseins an und haben vom ersten Augenblicke an eine Seele, ihre Seele. Es ist zwar ein trauriges Bekenntnis, welches David im 51. Psalm thut: „Ich bin aus sündlichem Samen gezeuget, und meine Mutter hat mich in Sünden empfangen;“ aber über todtgeborne Kinder und was ihnen gleich zu rechnen ist, liegt doch in den Worten Davids eine herrliche Offenbarung. Wer ist in Sünden empfangen? Ich. Also nicht bloß mein Leib; da meine Mutter empfieng, empfieng sie mich, d. h. meinen

Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Wilhelm Löhe’s Tractate für die Seelsorge. II: Trost für Eltern über todtgeborne Kinder. U. E. Sebald’sche Buchdr. u. Verlagshandlung, Nürnberg 1860, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Tractate_f%C3%BCr_die_Seelsorge_2.pdf/3&oldid=- (Version vom 27.7.2016)