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Wilhelm Löhe: Vom christlichen Hausgottesdienste, Nach der Aufl. (Nürnberg: Raw) von 1850 neu gedruckt

 Die Gottwohlgefälligkeit des Hausgottesdienstes ist die beste Empfehlung desselben; er ist aber wohl auch zu empfehlen um seines Segens willen. Doch ehe wir davon weiter reden, wollen wir einige Einwürfe, die man dagegen machen könnte, nicht außer Acht laßen. Man könnte nämlich sagen: Der Hausgottesdienst ist allerdings Gott wohlgefällig und hat Segen, wenn er ist, wie er sein soll; aber so, wie er gewöhnlich ist, kann er weder Gott gefallen, noch Segen bringen. Denn man betet wohl noch hie und da in den Häusern regelmäßig, man ist es von alten Zeiten her gewohnt; hie und da ist auch der Hausgottesdienst wieder neu begonnen worden; aber er ist doch meistens nicht eine Frucht des Glaubens, nicht eine heilige Lust der Seele, sondern nur ein gesetzlicher Zwang, den man sich selbst nicht ohne innerliches Widerstreben auflegt, ein geistliches Joch, an dem man alle Morgen von neuem zieht. Sieh nun, wie sie es gleich nachher treiben. Ist am Sonntag die Predigt gelesen, so gehen die Männer zum Bier, auf die Kegelbahn, zum Kartenspiel; die Weiber gehen „in’s Dorf“ oder sonst auf Besuch. Da wird denn Gottes und seines Wortes schnell wieder vergeßen, da wird gelästert, verleumdet, es werden die Jugendsünden gegenseitig wieder hervorgezogen, und zwar nicht in Reue und bußfertiger Erinnerung, sondern mit Freuden und unter großem Gelächter. Nach dem Abendgebete gehen die jungen Leute ihrer Lust nach, singen mit demselben Munde, der vorher Gott lobte, schändliche Lieder, schwärmen auf den Gaßen, in Kammern und Unzucht, in Völlerei und Dieberei. Und kurz –, wer kann den schreienden Widerspruch, der zwischen dem Hausgottesdienst und dem Leben derselben Menschen stattfindet, stark und arg genug darstellen, – einen Widerspruch, der Gott aufs höchste beleidigt und allen Segen aufhebt! – Das alles leugnen wir nicht; es ist leider nur zu wahr und beklagenswerth genug; aber dennoch sagen wir: der Hausgottesdienst hat noch immer Segen genug, um aller

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Wilhelm Löhe: Vom christlichen Hausgottesdienste, Nach der Aufl. (Nürnberg: Raw) von 1850 neu gedruckt. Carl Junge'schen Officin, Ansbach 1864, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Vom_christlichen_Hausgottesdienste.pdf/8&oldid=- (Version vom 4.9.2016)