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und die biblische Geschichte bereits gegeben sind. In dieser Hinsicht verhält sich daher dieser § zu dem vorigen wie das Leben zur Lehre.

 Damit aber, daß die Lehrerin ihre Schule zum gemeinsamen Gebet anleitet, ist nicht gesagt, daß sie die Kinder niemals zu freiem Gebete anleiten solle. Es ist überhaupt sehr gut, wenn in einer Kinderschule die Lehrerin eine Gehülfin hat. Dadurch wird es ihr auch möglich, zuweilen ein Kind allein zu nehmen und die seelsorgerische Einwirkung zu versuchen. Da kann man dann auch wohl zuweilen ein einzelnes Kind zu freiem Gebete anleiten, so ungefähr wie es im Hausbuch bei Gelegenheit des zweiten Gebots in einer Randbemerkung gelehrt ist[1]; und es wird die treue Bemühung der Kinderlehrerin, ihre Kleinen zum freien Gebete anzuleiten, gewiß bei mehr als einem Kinde gesegnet sein, da es ja ohnehin der kindlichen Einfalt so nahe liegt, mit dem unsichtbaren Gott zu reden, als mit einem Gegenwärtigen.

 Ein Triumph der Kleinkinderschule wäre es insonderheit, wenn sich die Kleinen zu einer heiligen Gewohnheit bringen ließen, Gott und Menschen ihre Fehler abzubitten, oder gar von Herzensgrund zu beichten. Wer im Kinde die Willigkeit zur Beichte erziehlt, ertödet von Kindesbeinen an die heillose Verschlossenheit, vermöge welcher die meisten Menschen das Bewußtsein vieler Sünden mit ins Grab nehmen, und eben damit nach der Schwachheit der meisten, vermöge welcher sie sich die allgemeine Absolution nicht als eine besondere anzueignen vermögen, auch die Ungewißheit der Vergebung, die Mutter unzähliger Anfechtungen.

 Man vergesse ja nicht, daß das Kind ein Glied am Leibe Christi, also auch ein Kirchenkind ist, daß es nicht blos in der Kirche, sondern auch für die Kirche erzogen werden muß; daß es also auch eine Pflicht der Kinderlehrerin ist, ihre Kinder zur Heilighaltung aller kirchlichen Institutionen und zur Theilnahme an dem gemeinsamen, gottesdienstlichen Leben zu


  1. Hausb. I. Seite 40 f. **.
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Wilhelm Löhe: Von Kleinkinderschulen. Gottfried Löhe, Nürnberg 1868, Seite 24. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Von_Kleinkinderschulen.pdf/30&oldid=- (Version vom 8.8.2016)