Seite:Wilhelm Löhe - Von Kleinkinderschulen.pdf/47

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

„verlorner, verdammter Mensch“ bediene man sich der Gleichnisse vom verlornen Sohne, Schaf und Groschen. Die Worte: „erlöset hat, erworben, gewonnen“ erkläre man nicht allein durch erneuerte Hinweisung auf die blutsaure Arbeit des HErrn am Kreuz, sondern man zeige auch das Perfektum „erlöset hat“ etc. in jenen wunderbaren Offenbarungen des letzten Buches der Schrift, in welchen die aus allen Zungen und Sprachen und Völkern gesammelte Menschheit als Preis und Verdienst des Erlösers dargestellt wird. Endlich werfe man auch auf die Worte: „sein eigen“ etc. das Licht, welches aus der Offenbarung St. Johannis kommt, und es wird je länger, je mehr dem Lehrer gelingen, das Dogma der Erlösung dem Kinde als eine sich immer mehr enthüllende und verklärende historische Thatsache hinzustellen. Uebung macht auch hier den Meister.

 Die Auslegung des dritten Artikels scheint der historischen Faßung zu widerstreben; allein ihr Mittelpunkt ist nichts desto weniger ein ganz historischer Satz, nämlich der: „gleichwie er die ganze Christenheit auf Erden“ etc. Im Gegensatz zum Inhalt dieses Satzes wird auch der Eingang: „Ich glaube, daß ich nicht aus eigner Vernunft“ etc. sehr wohl historisch gefaßt werden können. Man lehrt bei diesem die unfruchtbaren Bestrebungen der heidnischen Völker, sowie man die Berufung, Erleuchtung, Heiligung und Erhaltung an der Geschichte der ersten Kirche und ihrer Ausdehnung zeigt. Der Berufung voran kann jenes herrliche Gleichniß gestellt werden, in welchem Israels Verwerfung und die Berufung der Heiden ganz historisch dargestellt wird, wie denn alle Gleichnisse des HErrn JEsus nur dann recht gefaßt werden, wenn man sie in der Fülle historischer Deutung und Bedeutung auffaßt. Die große Lehre von der Berufung selber ist rein historisch, so wie auch die von der Erleuchtung und Heiligung nicht der offenkundigen Geschichte mangelt. Bei den Worten: „täglich alle Sünden reichlich vergibt“ hat man die herrlichste Gelegenheit, das Kind mit der innern Führung der Kirche Gottes durch Zucht und Absolution bekannt zu machen.

 Für das Ende der Auslegung des dritten Artikels hat man die herrlichen historischen Weissagungen, welche dem Texte bereits zu gute kommen.


Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Löhe: Von Kleinkinderschulen. Gottfried Löhe, Nürnberg 1868, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6he_-_Von_Kleinkinderschulen.pdf/47&oldid=- (Version vom 8.8.2016)