Seite:Wilhelm Löhe - Zum Gedächtnis meines Pathenkindes Lorenz Wilh. Friedr. August Kündinger.pdf/6

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Leuten, sondern er war bei der Frau Pfarrerin in der Küche munter und ohne Ahnung dessen, was ihm bevorstand, mit einer häuslichen Arbeit beschäftigt. Da hörte er auf einmal Heindels Zuruf, der ihn zur Jagd einlud. Er warf das Geräth beiseite, mit welchem er handierte, und sprang zur Küchenthüre. Kaum aber hatte er sie halb geöffnet, noch war die Klinke in der Hand, als er von einem unglückseligen Schuß getroffen wurde, der sich aus Heindels Flinte entlud. Mit dem Schrei: „Heinrich, du hast mich ja in die Brust geschoßen!“ wandte sich August zurück in die Küche, lief aber alsbald wieder heraus in den Hausplatz, um sich dem Herrn Pfarrer in die Arme zu werfen, der auf den Knall des Gewehrs und den Jammerruf Augusts aus dem Garten herbeigeeilt war. Die beiden Hände auf die Wunde legend und sich zusammenkrümmend rief August: „Ach Gott, Herr Pfarrer, Heinrich hat mich geschoßen, ich muß sterben! Ach Gott, helfen Sie, ich muß sterben!“ Herr Senior Nürnberger führte den todtwunden Knaben ins Wohnzimmer und öffnete ihm die Kleider, worauf ein Blutstrom aus der Wunde hervorstürzte.

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 Der schnell herbeigerufene Landarzt Arnold von Dottenheim verband die Wunde, bemerkte aber sogleich, daß noch ein Arzt herbeigerufen werden müße. Der bald darauf sich einstellende Dr. Hezel von Ipsheim untersuchte die Wunde und erklärte, daß die größte Gefahr vorhanden sei. Dr. Hezel instruirte den Landarzt Arnold, welcher auch alles nach Vorschrift besorgte. August saß viel, befand sich leidlich; doch war ihm die Gefahr nicht verborgen. Der selbst tieferregte Seelsorger, der ihn zu keinem Bösen, sondern zu gewohnter Lieb und Güte unter sein gastliches Dach aufgenommen hatte, handelte auch jetzt väterlich an dem Kranken und lenkte seine Gedanken auf die rechte Straße zum ewigen Leben. August bekannte auch seine Sünden, sein Auge suchte, wie gewis auch sein Herz, den Himmel, – sein Benehmen wurde weich und mild, sogar