Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 1 (2. Auflage).pdf/108

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Hofmeister behülflich zu sein. „Hätte ich mehr gelernt und wäre gewiß, daß Gottes Wille nicht hieße: Du sollst durchfallen! so würde ich Dich bitten, meine elende Jugend und geringe Kraft irgend wo zu recommandieren, wo man etwa einen Vicarium, Hofmeister etc. braucht. Allein (mit H. Müller zu reden) ich hab nichts gelernt, so lang ich lerne, als den Vocativum, daß ich nämlich auf die vocem Dei warte. Will einstweilen, wie Samuel im Tempel, ruhig schlafen, bis die Stimme kommt: Samuel, Samuel! und bitte nur, daß ich dann nicht erst zu Eli, sondern alsbald zu dem mit Glauben und Freude laufe, der da gerufen hat.“ Unter solchen Gedanken, Hoffnungen und Befürchtungen gieng Löhe dem Examen entgegen, welches er vom 17.–24. October 1830 bestand. Er erhielt die Note II* „Sehr gut, dem Vorzüglich nahe“. Ein gewisses Aufsehen erregte seine zum Examen eingereichte Probepredigt über 1. Joh. 1, 8, die von dem gestrengen Herrn Examinator als herrenhutisch und mystisch bezeichnet wurde. Auf Grund derselben wurde dem Stadtpfarrer Dr. Fronmüller in Fürth, der Löhe zum Vicar annehmen wollte, gerathen, er möge sich einen anderen Candidaten zum Vicarius wählen, um Misgriffe zu vermeiden, denn Löhe’s Predigt habe von keiner ruhigen Durchbildung gezeugt. Besonderen Anstoß scheint folgender Satz erregt zu haben, der sich in der Predigt fand: „Die Sünder hat Er vom Fluch befreit, eingeladen zu seinem Reich, Sünder sind sein Himmelreich.“ Herr K. v. Raumer, Löhe’s väterlicher Freund, wünschte die Predigt, die bei den Examinatoren so viel Anstoß erregt hatte, zu lesen, und nachdem er sie gelesen hatte, erklärte er, wäre er Patron, so würde er Löhe sofort eine Anstellung als Pfarrer geben. In der That zeugt die Predigt von einer Reife des inneren Lebens und von einer Feinheit und Tiefe der Textbenützung, wie sie in Candidatenpredigten