Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 1 (2. Auflage).pdf/229

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für arme Knaben Unterricht, und bereits von Juli an übertrug ihm sein verehrter Lehrer, Rector Roth, die Religionsstunden im Gymnasium. Bald hielt er an zwei verschiedenen Tagen Christenlehren für Erwachsene, für Männer und Frauen gesondert. Sodann wurden an einem Abend in der Woche im Saale des Volk’schen Hauses Vorträge über das prophetische Wort des alten und neuen Bundes gehalten, wobei die Zuhörerschaft öfters auf Hunderte anschwoll und Vorplatz und Treppen von aufmerksamen und lernbegierigen Menschen dicht besetzt waren. Am Samstag Abend sammelte sich eine Schaar von jungen Handwerkern um ihn, welche die Woche über in ihren Freistunden Tractate, Erbauungs- und Predigtbücher verbreitet hatten und nun Rechnung legten. Später hielt er Sonntags Morgens um 6 Uhr in einer Kapelle der Aegidien-Kirche Bibelstunden, die besonders gesegnet gewesen sein sollen. „Es war ein herzbewegender Anblick“ (schreibt uns ein Beteiligter), „Männer wie Bürgermeister Merkel und Rector Roth in diesen Bibelstunden den Worten des jungen Verwesers lauschen zu sehen.“

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 Dies alles war immerhin nur ein Theil der Geschäfte, die seinen Arbeitstag füllten. Wenn man nun aber bedenkt, wie er seelsorgerlich in Anspruch genommen wurde, wie kaum ein Tag vergieng, ohne daß Trostbedürftige bei ihm Rath und Hilfe suchten, so mag man sich wundern, wie er noch Zeit fand zu dem gerade in Nürnberg fleißig gepflegten Umgang mit jüngeren und älteren Freunden und zu schriftstellerischen Leistungen, deren in Nürnberg manche entstanden. Wir nennen hier nur die „sieben Predigten“ sowie die Vaterunser-Predigten und den bekannten, auch ins Französische übersetzten, von manchen für Löhe’s beste Schrift erklärten Tractat: „Vom göttlichen Worte als dem Lichte, das zum Frieden führt.“ Auch der Tractact „Die Tochter der Herodias“ entstand daselbst. Dabei ist der