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Regierung eingereicht und auf Löhe’s Abberufung von Nürnberg angetragen. Namentlich waren es zwei Predigten, die Anlaß zur Unzufriedenheit oder doch Vorwand zur Klage gegeben hatten. Die eine am 8. Sonntag p. Trin., über das Evangelium von den falschen Propheten gehalten, wurde dahin gemisdeutet, als habe Löhe durch sie „die von früheren Religionslehrern den Gemeinden beigebrachten Ueberzeugungen auf öffentlicher Kanzel verdammen wollen“. Einen Anstoß anderer Art gab die am 4. Sonntage p. Trin. über Römer 8, 28–33 gehaltene Predigt, in der folgende hier mitgetheilte Stelle als sehr auffällig bemerkt wurde:

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  „Zwar das läugnen wir nicht, daß die Schöpfung trotz der Unvollkommenheit, welche seit Adam, und trotz der Verderbnis, welche seit der Sündfluth über sie gekommen ist, immer noch viele Lieblichkeiten hat, die Aug und Ohr und Herz erquicken. Aber dagegen müssen wir uns setzen, daß Christen von der Schönheit der Natur in solchen Ausdrücken, in solcher Hingerissenheit reden, als wäre nirgends das Sehnen und Seufzen und ängstliche Harren der Creatur gepredigt, welches doch so offenbar ist. Sieh’ einmal den schweren Gang nur unsers Zugviehs[1], schau dem Thier ins stumme, freudlose,


  1. Diese Stelle vom Zugvieh scheint ein ganz besonderes Aergernis gegeben zu haben, weshalb auch ein wohlmeinender Freund Löhe’s es für nöthig hielt, ihn zur Vorsicht zu mahnen.
     „Ich weiß, Du wirst meine armseligen Bemerkungen nicht verachten, wie Du die boshaften der Dorfzeitung verachten kannst, obwohl ich mit derselben darin übereinstimme, daß solche Details, wie vom trübblickenden Stier, einem Schelling, der sie im Auditorium vorliest, mit Bewunderung nachgesagt, einem Prediger des Evangeliums aber von seinen unphilosophischen Zuhörern verübelt werden. Die seufzende Creatur bleibt für uns ein furchtbares Räthsel, über welches wir nur Ahnungen, Ansichten aussprechen können in Abhandlungen und noch besser in freundschaftlichen Gesprächen (wie mich denn die Dorfzeitung alsbald an Deine Aeußerungen in Berlin [223]