Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 1 (2. Auflage).pdf/244

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die Sicherheit, Ruhe und Besonnenheit, der Ernst und die Würde seines ganzen Wesens und Auftretens ließ ihn wie einen gestandenen Mann erscheinen. Ohne daß ihm feine gefällige Formen oder besondere Gewandtheit des Umgangs eigen gewesen wären, war doch die edle Zartheit und Schicklichkeit seines Benehmens, seine auch im Gespräch hervortretende Redegabe, seine Gemüthstiefe, die sich wohl auch mit trefflichem Humor verbunden zeigen konnte, gewinnend und anziehend genug. Aber was alles andere überragte und beherrschte und worin das eigentliche Geheimnis seiner so mächtigen und ausgebreiteten Wirksamkeit schon in jener frühen Zeit lag, das war sein beständiges Leben in Gott, seine Versenkung in die Ewigkeit, die Festigkeit und Stärke seines christlichen Glaubens, durch den er bereits damals zu dem vollen Frieden der Rechtfertigung durchgedrungen war, und in dem er auf dem Wege der Heiligung gewissen Trittes ohne Wanken und Schwanken einherschritt. Man konnte es an ihm leibhaftig sehen, was der Apostel damit sagen will, wenn er schreibt: ,Ich bin mit Christo gekreuzigt; ich lebe aber, doch nicht ich, sondern Christus lebet in mir, denn was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben des Sohnes Gottes.‘ Er hatte schon jetzt vollständig mit der Welt gebrochen, mit aller Entschiedenheit jedem Anspruch auf weltliche Lust und Ehre entsagt, nur dem Herrn und den Brüdern mit seinen Gaben dienen zu können, war sein Verlangen; ich glaube nicht, daß es ihm Mühe kostete, Versuchungen, sich damit Ruhm oder irgend welchen zeitlichen Gewinn zu verschaffen, Widerstand zu leisten, so nahe ihm dies damals gelegen hätte; ich glaube nicht einmal, daß er sich dazu auch nur versucht fühlte. Es ist mir unvergeßlich, daß Löhe in jener Zeit einmal gegen mich vertraulich eine Art von Grauen zu erkennen gab vor der zu großen Gewalt, welche er durch seine Persönlichkeit auf Andere gegen seine Absicht auszuüben