Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 1 (2. Auflage).pdf/273

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Freundin, offen reden! Ich weiß, daß Ihnen der Herr in Nürnberg gnädig gewesen ist, und Ihr Herz hat vielleicht einen Zug dahin. Nürnberg aber, Erlangen oder sonst einen Ort in dieser Gegend dürfen Sie nicht wählen, auch wenn Ihnen von Ihrem Herrn Gemahl Freiheit dazu gelassen würde. Damit würden Sie (o verzeihen Sie mir, wenn ich meiner Pflicht nachgehend so frei rede, was gäbe ich drum, wenn es nicht nöthig wäre!) in Frankfurt, wie in Nürnberg und Erlangen die Zungen der Lästerung los binden, man würde das edle Werk Gottes in Ihrer Tochter Helene für mein, für Menschenwerk auslegen; es würde auf Helenen’s, bisher durch Gottes Gnade reine Jugend ein Flecken kommen – ihr und Ihnen würde der Aufenthalt verkümmert werden – und wenn ich das zugäbe, so verdiente ich den Namen eines Verführers, eines Wolfes unter dem Schafpelz und müßte Theil haben am Loose der Söhne Aarons, der Priester, die fremdes Feuer auf Gottes Altar brachten und verworfen wurden. Damit Sie beide dermaleinst mein Ruhm seien vor dem Herrn Jesu Christo, ist es nöthig, daß Sie meiner sehr unwerthen Gegenwart völlig ledig gehen! Damit Ihr Licht auf Erden desto schöner leuchte vor den Leuten, damit auch mein Licht an seinem Orte helle scheine, ist es nöthig, daß unsere Wege auseinander gehalten werden. Ich kann es zu Ihnen hoffen, daß Sie dies vollkommen einsehen. Sie wissen, daß die Kindlein entwöhnt werden von der Mutterbrust, wenn sie zu einem vollkommeneren Alter gelangen, als die Säuglingsmonden sind.“




 Der halbjährige Aufenthalt Löhe’s in Altdorf gieng seinem Ende entgegen. Löhe wurde zum Verweser von Bertholdsdorf bestimmt, wo ihm nach gleichfalls sechs Monaten eine neue Wanderschaft in gewisser Aussicht stand. Doch tröstete er sich