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sehr auffallend befunden worden sei. Auf den vorauszusehenden Einwurf, daß die Schuld in solchen Collisionsfällen nicht den einzelnen Geistlichen sondern die bestehende Gesetzgebung treffe, erwiderte Löhe: „Wenn in solchen Fällen das göttliche Gesetz das Gewissen eines Geistlichen ergreife, (Matth. 19, 9) er in dem Bewußtsein stehe, daß eine Ehe wider Gottes Wort laufe, so dürfe er sich gewiß nicht bei dem menschlichen Gesetze beruhigen oder sein Gewissen dem Ermessen höher gestellter Personen unterwerfen, weil er damit sein Gewissen tödten und seine Persönlichkeit aufgeben würde, welche ja eben in treuer Bewahrung jenes Verhältnisses bestehe, welches zwischen dem Individuum und dem göttlichen Gesetze obwalte.“

 Ebenso faßt Löhe den Einwand ins Auge, daß ja auch Moses um der Herzenshärtigkeit willen Scheidung in mehreren Fällen erlaubt habe. Dagegen bemerkt er aber: „Hier ist nicht von Scheidung, sondern von Copulation, nicht von Moses, sondern von der Kirche Christi und des Neuen Testaments die Rede. Es ist kein Zweifel, daß viele sogenannte Christen auf alttestamentlichem Standpunkte stehen und nach demselben behandelt werden müssen; aber sie können darnach eher vom Staate, der das Gesetz repräsentiert, als von der Kirche behandelt werden, welche nur einen Standpunkt hat, den sie nie verlassen darf, den, welchen ihr das Wort Christi, also im gegebenen Fall Matth. 19, 9 und die Parallelstellen anweist.“




 Auf diese Verantwortung Löhe’s ergieng unterm 20. Februar die Entscheidung des Consistoriums, in der zwar die Ehescheidungen überhaupt und die N. N.’sche insbesondere von kirchlichem Standpunkt beklagt, im Uebrigen aber dem Pfarramt