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Zu Capitel II: Universitätszeit.




An Frau Dor. Schröder.


Erlangen, am 14. November 1827. 

 Meine liebe Schwester!

 Gestern wollte ich nach meinem Versprechen zu Herrn Prof. Krafft gehen, um H.’s wegen mit ihm ernstlich zu reden. Nachmittags 3 Uhr las er sein erstes Collegium über Dogmatik; nach dem Colleg wollte ich ihm gleich in sein Haus nachfolgen. – Aber ich konnt’s nicht thun. Er kam und sein Colleg begann: „Geheiligt werde Dein Name!“ Gleich vorn herein sprach er mit tiefer Rührung über die Wichtigkeit dieses Collegiums für ihn und that die Gründe dar, warum er’s läse. Die Zeit, welche voll ungöttlichen Treibens ist, der Hinblick auf uns, einst Lehrer und Bewahrer der göttlichen Geheimnisse, und die Wichtigkeit unsers Amts, die Aufgabe selbst: den Grund des Glaubens in wissenschaftlichem Vortrag darzustellen; endlich seine Person (hier füllten sich seine Augen mit Thränen), nicht werth aller Barmherzigkeit und Treue.

 Nachdem er über das Vorbemerkte gesprochen hatte und zu diesem Letzten kam, begann er in Thränen überzufließen – bat, ihm nun, als einem Freunde, zu erlauben, von sich selbst zu reden. – Du hast ihn selbst einmal gesehen und den Mann an ihm gefunden. Diesen Mann denke Dir nun von