Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 1 (2. Auflage).pdf/367

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Herz von dem Preise des Hochgelobten überströmte. „Beruf“ war sein liebstes Wort, und aus den häufigen Versicherungen, daß er das Seine und das Erdreich nicht begehre, konnte man gerade das Gegentheil wahrnehmen. Da er keine Talente hat, die ihn zum Missionär befähigten, da er eben so wenig zum Lehrer taugt, wie sein äußerlich und innerlich unreines Wesen beweist, da kaum ein Gewerbe zu denken war, das für ihn (nach seiner Meinung), keins für das er (nach meiner und der übrigen Freunde Meinung) gut genug gewesen wäre: so erkannte ich meine pastorale Aufgabe darin, ihn durch Gottes uns beiderseits beigelegte Gnade zur Demuth zu führen.

 Auf diesem Wege waren wir, als am Mittwoch nach Martini, da S. eben auf meinem Zimmer beschäftigt wurde, seine Hausleute mich wissen ließen, seine alte Mutter sei daheim und verlange nach ihm. Ich kündigte es ihm an – als eine Prüfung seines jungen Glaubens, als kindliche Pflicht, und suchte ihn mit Verheißungen des göttlichen Wortes für die Thränen einer alten Mutter vorzubereiten. Da er erklärte, es sei für ihn unmöglich, seine Mutter zu sehen, ohne die Besinnung zu verlieren, so ließ ich sie, nach seinem eigenen Vorschlag, in unser Haus kommen.

 Als er mit ihr geredet hatte, war er voll Staunen und Verwunderung über die Freundlichkeit und Güte seiner Mutter, welche, anscheinend mit seiner Taufe zufrieden, nur um Eins besorgt gewesen wäre, daß es ihm zeitlich gut gehen möge. Eine Sorge, welche für seine eigene hochmüthige Sorge nur Oel ins Feuer war.

 Seit jenem Tage wurde es in Fürth unter den Juden lebendig, es giengen viele bei Sulzberger ab und zu, ohne daß wir etwas ahnen konnten.