Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 1 (2. Auflage).pdf/378

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so auch dies Mal; ich wachte endlich auf, nachdem ich träumend einige neue Theile zu einer Predigt von den Leiden des Lebens aufgefunden hatte. Da ich in denselben fieberhaften Wahnsinn der Träume zurückzusinken fürchtete, zog ich mich an und that meinen Pelz um mich und machte Licht: ich saß ein wenig aufrecht auf meinem Stuhl; da meldete sich eine Ohnmacht. Da die, nachdem ich noch mein Lager erreicht, gleich vorüber war, erstarrten meine Arme wechselsweise (6–7mal), ich empfand große Schmerzen und dachte, der Herr wollte mich in Seinem Grimm dahinraffen. Ich schrie zu Ihm mit allerlei Sprüchen des hl. David, und daß ER nicht gedenken wolle der Sünden meiner Jugend und meiner Uebertretungen; da ließ ER ab von mir und ich wurde ruhiger: ich hatte Jubitzens Trost erfahren. Um nicht wieder in solche Traumphantasieen zu verfallen, stand ich auf. Vor der Ohnmacht, in der Eile mein Lager zu erreichen, hatte ich meine Bibel vom Pult geworfen und im Falle hatte sie sich aufgeschlagen: nun beim Aufstehen stieß ich dran, und da ich merkte, daß es die Bibel war, hob ich sie auf und fand aufgeschlagen Psalm 85–89, zunächst aber Psalm 88 u. 89, das paßte auf einander und zu jener Stunde. Ich dankte Gott! das war um Mitternacht. Gegen Tag hin wandelte mich eine zweite Schwachheit und Ohnmacht an, die aber noch leichter vorüber gieng. Am Mittwoch konnte ich auch fast nichts thun. Abends schwoll mir die linke Wange in der Gegend der beiden Kinnladen, in der Nacht nahm es zu, daß ich die Zähne nicht auseinander brachte. Ich zweifelte fast wieder an dem himmlischen Arzte und gedachte am Morgen den hiesigen Physikus kommen zu lassen, ja in der Dummheit meiner Phantasieen sagte ich zu einem Stern, der zwischen den Vorhängen hereinsah: „O liebes Sternlein, hilf mir!“ Am Tag, früh 6 Uhr stand ich auf, und da ich eben mein dünnes silbernes Löffelein liegen