Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/187

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 In der Voraussetzung, daß einige weitere Beiträge zur Characterisierung Löhe’s als Krankenseelsorgers unsern Lesern nicht unwillkommen sein werden, lassen wir noch einige Briefe Löhe’s an seine Schwiegermutter folgen, in welchen er derselben von seinen Erlebnissen an Kranken- und Sterbebetten berichtet.

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 Am 11. April 1839 schreibt er ihr: „In den letzten Tagen wurde ich häufig, namentlich heute, zu Krankenbetten gerufen, aber es waren fast lauter plötzliche Krankheitsfälle, welche nur einen oder zwei Besuche erforderten, dann half der Arzt, zu dem der Landmann, – fast möchte ich sagen von Natur – mehr Vertrauen hat als zu einem menschlichen Arzte. Heute am frühen Morgen wurde ich zu der jungen Sch. in Wernsbach gerufen. Ehe ich herkam, beim ersten Gerücht, daß ich Pfarrer werden würde, wollte sie sich gar nicht zufrieden geben; seit einiger Zeit aber besucht sie die Gottesdienste sehr eifrig und dankte bei der letzten Beichtanmeldung in der Sacristei Gott unter Thränen, daß sie Gottes Wort hören dürfe. Die hat Gott heute angegriffen wie ein Gewappneter: ich hörte sie schon vor dem Hause schreien in ihrem Jammer. Innen war’s herzzerreißend, die schreienden Kinder, der alte Schwäher und der Mann, welche die Hände heulend über dem Kopf zusammenschlugen – dazu die Weiber von halb Wernsbach, die beteten und weinten. Bald wär’s mir begegnet, daß ich mitgeheult und vergessen hätte, daß ich ein Amt hatte, Thränen zu stillen. „Ach, Herr Pfarrer, Herr Pfarrer, schrie das arme, vom Schmerz in ihren Eingeweiden gepeinigte Weib, geh’n Sie unter den freien Himmel und beten Sie ein Vaterunser für mich, daß mich Gott heimnehme etc. Ich that meinen Dienst und gieng heim an’s Bette des kranken A. Zu ihm war ich gestern Abends geholt worden. Diesen Morgen war er voll Freuden und lobte Gott und den Glauben. Nach Tisch gieng ich mit Helenen wieder nach Wernsbach zum Gottesdienst.

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/187&oldid=- (Version vom 1.8.2018)