Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/366

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Traf das Kirchenregiment keine ernsten Maßregeln zur Abstellung dieser „Sünde der Abendmahlsmengerei“, so schien ihm der Beweis geliefert, daß die lutherische Kirche als solche kein Recht zur Existenz in Bayern habe.

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 Man konnte Löhe einwenden, daß er mit seiner Gemeinde von diesen Übelständen ja nicht direkt berührt sei. Allein dieser Trost verfieng bei ihm nicht. In der schon mehrfach erwähnten Schrift: „Unsere kirchliche Lage“ etc. begegnet er diesem Einwande mit folgenden ernsten Worten: „Wenn man uns davon überzeugen könnte, daß uns nichts angehe, als einen jeden die Arbeit in seiner Gemeinde, daß wir Kains Wort: „Soll ich meines Bruders Hüter sein?“ mit gutem Gewissen nachsprechen könnten: man thäte uns einen Dienst, man brächte uns zur Ruhe, die wir sehnlich wünschen. Aber es ist nichts mit diesem Rate. Wir sind Glieder am Leibe und Knechte im Hause des HErrn; durch beiderlei unzweifelhafte Beziehung wird uns nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht der Liebe und Mitsorge für den ganzen Leib, für das ganze Haus des HErrn übergeben... Es ist unsre Bruderpflicht und überdies unsre Amtspflicht, für das Ganze zu leben. Und dann – – ist denn nicht die einzelne Gemeinde, an der ein jeder arbeitet, ein Teil des Ganzen? Krankt und leidet sie doch mit, hat sie doch Last und Übel der Gesamtheit zu tragen. Wir können die einzelne Gemeinde nicht als ecclesiola in ecclesia, so losgerissen vom Ganzen, so völlig ohne Rücksicht und Beziehung aufs Ganze betrachten, so ganz ohne Einfluß des Ganzen leiten und weiden, daß sie gleich einer glücklichen Oase in der Wüste, wie eine auserwählte, abgesonderte Schar ihr eigenes seliges Schicksal hätte. Wir können nicht und ob wirs wollten oder thäten, wie schnell würde man uns mit vollem Rechte wehren! So kommts denn, daß wir, ein jeder in seiner Gemeinde, mitten in den Übeln sitzen. Jede Gemeinde ist von der allgemeinen Not berührt, vom allgemeinen Verderben ergriffen –

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 360. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/366&oldid=- (Version vom 1.8.2018)