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 Wie Sie selbst, dünkt mich, in Bamberg sich ausgedrückt haben – der Rechtspunkt mag noch zweifelhaft sein und in utramque partem disputiert werden können. Hommel scheint mir nicht ganz der historischen Lage unsrer Kirche gerecht zu werden, wenn er den Ausdruck „protestantische Gesamtgemeinde“ zur Basis seiner Anklage auf Union macht. Offenbar war im Jahre 1818 das Bewußtsein des gemeinsamen Gegensatzes dessen was geschichtlich Protestantismus heißt gegen die römische Kirche bei Ihnen sehr überwiegend im Vergleich mit dem Bewußtsein des Gegensatzes zwischen Luthertum und reformiertem Wesen. Sollte nun, bei den übrigen antiunionistischen Ausdrücken der Verfassungsurkunde, jenes: „protestantische Gesamtgemeinde“ nicht eine erträgliche Auslegung zulassen? Dem sei aber wie ihm wolle; unsre Kirche hat (nach meiner Anschauung) in Bayern wenigstens ein gut Teil feste Rechtspunkte mehr als in Preußen, und während hier bei uns eine Desunierung beinahe eine historische Unmöglichkeit sein dürfte, erscheint es bei Ihnen ungleich einfacher, daß die in den kirchlichen Organismus vom Zeitgeist eingesäten Weltmomente ausgeschieden werden. Doch Ihnen fällt der ganze Schwerpunkt auf die Praxis, auf die faktischen Zustände, und ich muß bekennen, daß ich das für durchaus biblisch halte, für recht pastoral und theologisch. Denn wie vermöchte ein etwa vorhandener Rechtsparagraph unser Gewissen zu trösten über Teilnahme an faktischer Ungerechtigkeit? Jedoch auf den modus procedendi dürfte die Rechtslage nicht ohne entscheidenden Einfluß sein. Ich kann nicht anders sagen – der HErr vergebe mir, wenn ich unwissentlich fehle – eine aktive Lossagung Ihrerseits von der geschichtlich gewordenen Institution der lutherischen Kirche Ihres Landes will mir als nicht recht erscheinen. Sollten Sie nicht vielmehr die Position fassen können: Antwortet die Behörde auf Ihr äußerst mildes Gesuch ablehnend, so behaupten Sie Ihr von unierten Verbindlichkeiten freies lutherisches Pfarramt, aber brechen mit der

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 370. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/376&oldid=- (Version vom 1.8.2018)