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handeln können, die fast einstimmig einmal die öffentliche Erklärung abgab, an ihren Altären keine Sakramentsmengerei dulden zu wollen. Hätte man uns zwingen wollen dem Strome zu folgen, so würden wir die Landeskirche verlassen und Gott unsern ferneren Weg befohlen haben. Die selbe Gesinnung ist noch vorhanden, wenn ich auch nicht gewiß weiß, ob meine eigene Gemeinde noch gegenwärtig einer solchen Einigkeit und eines solches Aufschwunges fähig wäre. Ich setze es aber billig voraus und fühle mich nicht bloß dem Herrn und seiner Kirche im allgemeinen sondern auch meiner Gemeinde verpflichtet, der alten Praxis die möglichste Treue zu halten.

 Hier liegt nun der Unterschied zwischen mir und Ihnen: In Bayern wird kein Pfarrer gezwungen, mit Reformierten und Unierten Abendmahlsgemeinschaft zu halten, während meine gleichgesinnten Amtsbrüder in der preußischen Landeskirche, auch Sie, teuerster Herr Bruder, auch wenn Sie wollen, sich der Abendmahlsgemeinschaft mit Andersgläubigen oder Andersgesinnten nicht entziehen können. Bei der Frequenz des hiesigen Ortes ist es oft vorgekommen, daß ich den Grundsatz, der mich beherrscht, auf das mildeste ausgelegt habe, um mit teuren Brüdern in Norddeutschland zum Altar gehen zu können; meine Erfahrung ist aber immer Eine gewesen, daß die lutherischen Amtsbrüder in Preußen im Falle der Klage nicht wie wir ihrer Überzeugung praktische Folge geben konnten, sondern daß man sie kirchenregimentlich zwingen würde, Christen anderer Bekenntnisse zum Sakrament zu nehmen. Wenigstens kann ich mich aus den gemachten Erfahrungen dieses Schlusses nicht enthalten.

 Dabei habe ich noch nichts gehört, daß die lutherischen Amtsbrüder in Preußen gegen diesen Zwang in ihrer Lage ein kräftiges Zeugnis abgelegt und in dem Fall tatsächlich die Grenzen der lutherischen Kirche gehütet hätten. Wenn ich mich darinnen irren würde und die Überzeugung bekäme, daß Sie, geliebter Bruder, oder irgend ein anderer Pastor in Fällen, wo sich reformiert oder uniert Gesinnte Ihrem Altare nahen wollten, sich abwehrend verhalten und die Grenzen der lutherischen Kirche bewahrt hätten; so würde mich das unierte Kirchenregiment und dergleichen durchaus nicht abhalten, die Gemeinschaft des Altars zu pflegen. Ich weiß es wohl, daß man von Pastoren großer Stadtgemeinden nicht wie von uns Landpfarrern eine durchgreifende Anmeldung der einzelnen Gemeindeglieder erwarten, geschweige fordern kann; auch weiß ich wohl, daß Sie in öffentlichen Abkündigungen gegen die Teilnahme reformierter Christen am Sakramente sich wehren; aber ich meine, die Liebe zum Sakrament und zu den Gläubigen, sei sie nun schwach oder stark, erfordere mehr und es sei schon deshalb die Bekämpfung

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 525. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/531&oldid=- (Version vom 1.8.2018)