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den Unterricht der Blöden verwendet. Man scheute die Mühe nicht, die Pfleglinge beim Unterricht in verschiedene Abteilungen einzureihen, deren man oft bei einem Gegenstand 4–5 bildete. Hauptgegenstand des Unterrichts war biblische Geschichte und Katechismus, außerdem die Lehrgegenstände der Volksschule: Lesen, Schreiben, selbst Rechnen (freilich für die meisten Blöden eine unüberwindliche crux), auch Geographie und Naturgeschichte wurde – natürlich nur auf der Stufe des Anschauungsunterrichts – gelehrt. Durch tägliche Übungen im Auswendiglernen suchte man das Gedächtnis zu stärken und zugleich Samenkörner göttlicher Gedanken in die Seelen der armen Blöden zu legen, durch Übungen im Artikulieren angeborne oder angewöhnte Fehler der Sprechweise zu überwinden. Selbst die „schönen Künste“ des Singens und Zeichnens standen auf dem Lehrplan der Blödenschule. Das Ziel steckte man sich so bescheiden als möglich. Nicht darin sah man die Aufgabe „das von der krankhaften Organisation der Blöden frei gebliebene Gebiet der Bildungsfähigkeit zu erweitern“, sondern darin: den Horizont dieser Bildungsfähigkeit zu erforschen und die Methode zu finden, wie man die wirklich vorhandenen aber verborgenen Keime hervorlocken und entwickeln könne“. Fremde, die früher bei den Jahresprüfungen des Diakonissenhauses sich gerne einfanden, pflegten namentlich den Prüfungen im Blödenhaus mit dem größten Vergnügen beizuwohnen und oft genug ihre Verwunderung über die Erfolge der Blödenschule auszusprechen – eine Anerkennung, die man den Schwestern von Herzen gönnen mochte, wenn auch von den Lobrednern nur die wenigsten eine Ahnung davon hatten, unter welch unsäglicher Mühe und Arbeit die relative Leistung zu Stande gekommen war. Schwerlich ist auch die Treue und der Fleiß, den die Dettelsauer Blödenschule auf die Unterweisung und Bildung ihrer Pfleglinge wendete, von andern ähnlichen Anstalten übertroffen worden. Die

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/246&oldid=- (Version vom 1.8.2018)