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weniger im Lehrpensum, das mutatis mutandis doch im Ganzen das der höheren Töchterschulen edlerer Art sein mußte. Eigentümliches fehlte jedoch auch hier nicht. Daß der religiöse Unterrichtsstoff eine vorwiegende, um nicht zu sagen eine überwiegende Bedeutung behauptete, ist erklärlich. Mit dem damals neuerweckten Sinn für deutsches Altertum (Löhe hatte sich selbst eine Weile mit germanistischen Studien befaßt) hing es wol zusammen, daß unter die Lehrgegenstände der Mädchenschule sogar das Mittelhochdeutsche aufgenommen wurde. Der Kalender, sowol nach seiner natürlichen als nach seiner historischen Seite, war gleichfalls ein dieser Schule eigentümliches Unterrichtsfach. In den neueren Sprachen begnügte man sich mit der auf sicherer grammatischer Grundlage ruhenden Kenntnis der Sprachen selbst, ohne eine durch bloßen Schulunterricht doch nicht erreichbare Fertigkeit des Sprechens erzielen zu wollen, zumal man das „hie und da beliebte Abrichten“ zum französisch Parlieren „mit dem Ernst des Hauses unverträglich“ fand. Eine gewisse pädagogische Bedeutung wurde dem Unterricht im Schönschreiben, in welcher Kunst Löhe bekanntlich selber Meister war, beigelegt.

 Gesang und (selbstverständlich ärztlichen Unterricht) ausgenommen wurde anfangs aller Unterricht von Löhe selbst gegeben. So lange er es vermochte, noch bis in seine letzten Lebensjahre hinein, pflegte er in jedem Semester, außer dem Katechismusunterricht etliche Stunden zu geben.

 Übrigens löste sich nach einiger Zeit die grüne Schule aus dem engen Verband mit der blauen und wurde von da an selbständig geführt. Der ursprüngliche Zusammenhang wurde aber in der Idee wenigstens immer festgehalten, sofern ihre höchste Bestimmung bleiben sollte, Diakonissensinn und -Bildung in weitere Kreise hinaus zu tragen. Sie galt als integrierender Bestandteil der Diakonissenanstalt, und die ausgeschulten grünen Schülerinen

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 258. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/263&oldid=- (Version vom 1.8.2018)