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Stämmen Dein Heil.“ Nebenbei gesagt: der von den Preußen vor dem Auszug in den Krieg 1866 abgehaltene Bußtag (den freilich einer seiner Freunde höhnisch mit dem Gebet des Briganten verglich, der, ehe er auf seinen Raub ausgeht, vor dem Madonnenbilde am Weg sich niederwirft) imponierte ihm als Äußerung eines im preußischen Volk noch lebendigen religiösen Bewußtseins; er schrieb dieser öffentlichen Demütigung eines ganzen Volks vor Gott den Sieg von Königgrätz zu.

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 Alle seine Predigten aus der Kriegszeit jenes Jahres hatten das gemein, daß sie die Ereignisse von 1866 und die daraus entspringenden Fragen lediglich unter den Pastoralen Gesichtspunkt stellten. Anstatt die nationale Fiber aufzuregen oder die Antipathien zwischen den süd- und norddeutschen Stämmen zu nähren, betete er um „Bewahrung aller frommen Streiter auf beiden Seiten vor Leidenschaft und Wut im Kampf“. Einmal in einer Beichtrede brachte er den überraschenden Gedanken, den er mit Hiob 1, 5 biblisch begründete, daß es Kennzeichen wahrer Liebe zum Nächsten sei, wenn man für ihn nicht blos beten, sondern auch beichten könne, und schlug deshalb den Versammelten vor, nicht blos die eigne Sünde, sondern auch die unsrer Söhne und Brüder draußen im Feld, die nicht nur von gesteigerten Versuchungen aller Art, sondern auch von der Gefahr des Todes umringt seien, beichtend vor Gott zu bringen, was dann auch geschah. Als die Würfel gefallen waren und es galt, für viele unter Weh und Schmerz, in neue Verhältnisse sich zu fügen, zeigte er auf Grund von Jeremia Kap. 29, 4: daß, weil das Gedeihen des Teils vom Wohlergehen des Ganzen abhänge, dem man, sei es auch wider Willen und durch Gewaltthat, eingefügt sei, es Pflicht und Weisheit sei „der Stadt (des Ganzen) Bestes zu suchen“ etc. So regierte er mit dem Scepter des göttlichen Wortes seine Gemeinde und leitete sie zum „Stillesein und Hoffen“ in jener stürmisch

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 284. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/289&oldid=- (Version vom 1.8.2018)