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einmal: „Das Haus ist gesperrt, ich öffne selbst. Tiefe Einsamkeit, völlige Stille! So soll’s auch bleiben. Kommst Du wieder, so sollen sich Dir alle Pforten wieder öffnen. Dir allein; außerdem ist ausgehaust.“

 Ein Glück nur, daß er die Einsamkeit gerne trug und in ihr kein Grauen fand. Für ihn war sie freilich auch Abwechslung mit ihrem Gegenteil, dem oft ermüdenden Verkehr mit und Angelaufenwerden von Menschen. So konnte er nicht nur den Wechsel von Einsamkeit und Gemeinschaft, Stille und Öffentlichkeit als das Normale im Christenleben, vor allem im Leben des Dieners Christi bezeichnen, sondern sogar das Glück der Einsamkeit preisen. „Die Ruhe meiner Nächte, die Stille meines Hauses“ – schreibt er einmal aus einer solchen Zeit tiefster Einsamkeit – „welch ein Glück.“ Aber wenn auch die Einsamkeit für ihn kein Grauen gehabt zu haben scheint, so fehlte ihm doch in den jetzt häufiger werdenden Elendsnächten und Wehetagen die lindernde, pflegende Hand. Auch wurde er allmählich hilfsbedürftiger. Es kam die Zeit, wo der strenge Grundsatz völliger Selbstbedienung und des Strebens nach völliger Unabhängigkeit von fremder Dienst- und Hilfeleistung ermäßigt werden mußte. Da war es denn ein von ihm selbst dankbar empfundenes Glück, daß er wenigstens in der letzten Zeit zunehmender Schwachheit sich der Nähe und liebenden Pflege seiner Tochter erfreuen durfte.

 Schon Ende 1869 überfielen ihn körperliche Schwächezustände. Fast ein Jahr mußte er auf das Predigen verzichten – für ihn eine bittre Entsagung. Wenn die Glocken läuteten, und seine Gehilfen (er hatte seit 1870 noch einen Privatvicar) giengen, an seiner Statt Gottesdienst zu halten, traten ihm die Thränen in die Augen. Er sagte sich ja täglich und stündlich, daß „abnehmen und abgeben“ jetzt sein gottgewiesener Beruf sei, aber die Ergebung in den abwärts führenden Lebensweg kostete ihm doch auch Kampf

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/323&oldid=- (Version vom 1.8.2018)