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Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242

Blick, da die Römer von der Möglichkeit einer Bezauberung mittels des bösen Auges (oculus fascinans) überzeugt waren. Sie nahmen ferner an, dass Zauberer es verständen, die Sonne zu verfinstern, den Lauf der Gestirne zu verändern, kurz, das Wetter zu machen, also willkürlich Regengüsse, Hagel und Gewitter herbeizuziehen oder zu entfernen. Auf das bestimmteste glaubten viele römische Frauen der höhern Stände an Zaubermittel, durch welche sich Liebe erwerben lasse. Es gab ferner Zauberformeln und Zaubersprüche, die Häuser, Gärten und Weinberge schützen sollten. Gewisse magische Wörter, meist aus auf gutes Glück hin zusammengesetzten Buchstaben entstanden, dienten als Schutzmittel gegen Feuersbrunst und Krankheiten aller Art. Zauberer führten nach dem Volksglauben durch Entziehen der Manneskraft kinderlose Ehen herbei; St. Augustin kennt zur Zeit des Niedergangs der römischen Weltherrschaft den Glauben an Dämonen, die mit den Frauen Unzucht treiben, desgleichen die auch im Gastmahl des Trimalchio und bei Plinius erwähnte Fabel der Verwandlung von Menschen in Tiere. Alle diese Züge,[1] denen manche ähnliche sich anreihen lassen, treten bei uns am Ausgang des Mittelalters unter den Anklagen in den Hexenprozessen hervor, indem sie, „wie eine ew’ge Krankheit“, durch ein Jahrtausend sich fortgeerbt hatten. Ganz besonders auffällig tritt aber die Thatsache in die Erscheinung, dass die Luftfahrten, bekanntlich ein Kernpunkt im Hexenwahn, sowohl in der germanisch-nordischen Mythologie, als in der römischen Götterwelt vorkommen. In ersterer berichten manche Zeugnisse von Walküren, von Abend-, Dunkel- oder Zaunreiterinnen, von Zauberweibern, die im Fluge die Luft durchfahren, und von Thor, dem Bezwinger der nachtfahrenden Unholden.[2] Freya reitet bei finsterer Nacht auf ihrem Eber zur heiligen Walhall, während ihre Schwester sich


Übereinstimmung über den ganzen Erdboden und durch den Lauf aller Jahrhunderte. Andree meint, dass dieser Glaube seinen Ursprung an den Gestaden des Mittelmeers habe, von wo aus er sich konzentrisch über die angrenzenden Erdteile ausgebreitet habe“.

  1. Gute Zusammenstellung der auf Zauberei und Aberglauben bezüglichen Stellen in römischen Schriftstellern bei A. Forbiger, Hellas und Rom; Rom im Zeitalter der Antonine Bd. I, S. 270 ff., Bd. II, S. 192 ff. Nach Forbiger (Bd. II, S. 210) hat die Magie bei den Römern namentlich durch orientalische Einflüsse einen so ausgearteten Charakter angenommen. Über St. Augustins Anschauungen über Magie vgl. Soldan-Heppe, Geschichte der Hexenprozesse 1880, Bd. I, S. 96 ff.
  2. S. Riezler a. a. O. S. 22 f.
Empfohlene Zitierweise:
Emil Pauls: Zauberwesen und Hexenwahn am Niederrhein. In: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins, Jahrbuch des Düsseldorfer Geschichtsvereins. 13. Band, 1898. S. 134-242. Düsseldorf: Ed. Lintz, 1898, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zauberwesen_und_Hexenwahn_am_Niederrhein.djvu/4&oldid=- (Version vom 1.8.2018)