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Gunsten eines Andern, der sich dieser „freie Mann“ eben doch sehr oft nicht, nicht wenigstens ohne Gefahr für seine ökonomische Existenz entziehen kann.

Wir sagen: sehr oft. Wir anerkennen es ja gern und freudig, daß gewiß weitaus die Mehrzahl der Industriellen in der Behandlung ihrer Arbeiter, in ihren Anforderungen an dieselben von humanen Grundsätzen sich leiten läßt. Allein wird denn für diese das Gesetz gemacht?

Ist ein Strafgesetz überflüssig, weil die große Mehrheit der Menschen ohnehin mit demselben nie in Konflikt kommt? Ist der gesetzliche Schutz der Arbeiter entbehrlich, weil es dem wahrhaft gebildeten Industriellen von selbst nicht einfällt, Ungebührliches von ihnen zu verlangen?

Doch genug auch über diesen Sophismus, welcher nur allenfalls denjenigen zu blenden vermag, der sich selbst nicht gern gesteht, daß hinter seinem Widerstreben gegen eine an sich berechtigte Forderung der Arbeiter eben doch ein gut Theil Egoismus steckt.

Mehr schon verdienen die Einwürfe unseres Kollegen Berücksichtigung.

Gewiß ist es wahr, daß „die normale menschliche Arbeitskraft von den verschiedensten Faktoren abhängt“, daß Alter und Körperbeschaffenheit des Arbeiters und ebenso Nahrung, Kleidung, Wohnung etc. ihren Einfluß auf dieselbe ausüben.

Wir müssen uns überhaupt vor Allem darüber klar werden, woher denn die physische Depravation der arbeitenden Klassen, die sich ja schon in ihrer größern Sterblichkeitsziffer, in ihrer kürzern Lebensdauer ganz unzweifelhaft

Empfohlene Zitierweise:
Carl Zehnder: Aerztliche Glossen zum Fabrikgesetz-Entwurf : mit Anhang. Cäsar, Zürich 1876, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:ZehnderAerztlicheGlossen.pdf/18&oldid=- (Version vom 1.8.2018)