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vierten Postulate überzugehen, zur Forderung von obligatorischen Fabrikkrankenkassen.

Was haben die armen Krankenkassen denn verbrochen, daß im Entwurfe ihrer kaum – erst in der letzten Stunde – Erwähnung geschieht, dass nicht das doch wenigstens verlangt wird, was ja im unmittelbarsten sanitarischen Interesse des Arbeiters selbst liegt, daß er überhaupt einer Kasse angehöre?

Nach dem neuen Entwurfe wäre nun das zum mindesten gewonnen, daß die verhängten Bußen für Kranken- und Unterstützungskassen zu verwenden und nicht, wie der frühere Entwurf (§ 7) wollte, „jährlich zweimal unter die Arbeiter zu vertheilen“ seien – vermuthlich, um sich einen lustigen Tag damit zu machen.

Allein ist damit genug geschehen? Ist es gerechtfertigt, die Sorge für die Zeit der Krankheit und Arbeitsunfähigkeit und ebenso das freie Belieben, dafür auch nicht zu sorgen und in den Tag hinein zu leben, so gänzlich Jedem anheim zu stellen? Oder scheut man sich vor der Agitation gegen die obligatorischen Krankenkassen, deren Verpönung in gewissen Kreisen als Parole von Mund zu Mund geht?

Man sagt uns: es sei dieß ein Eingriff in das freie Verfügungsrecht des Arbeiters. Allein sollte der Staat, der den Schutz des Arbeiters, den Schutz seiner Gesundheit und seines Lebens zum Gegenstand seiner Sorge macht, nicht berechtigt sein, als Aequivalent doch wenigstens zu verlangen, daß dieser sich vor Allem selbst auch vor den unmittelbaren Folgen der Erkrankung, vor Noth und

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Carl Zehnder: Aerztliche Glossen zum Fabrikgesetz-Entwurf : mit Anhang. Cäsar, Zürich 1876, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:ZehnderAerztlicheGlossen.pdf/32&oldid=- (Version vom 1.8.2018)