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Ebenso sehen wir nicht ein, warum von der Verpflichtung der Arbeiter, einer Krankenkasse beizutreten, deßhalb Umgang genommen werden sollte, weil nicht alle, weil namentlich die notorisch kränklichen Arbeiter diese Forderung nicht erfüllen könnten. Als ob nicht das Gesetz auch solche Ausnahmen stipuliren, als ob es nicht erklären könnte, daß von jener Verpflichtung jeder Arbeiter entbunden sei, der nachweisen könne, daß es ihm um seiner Kränklichkeit willen nicht gelungen sei, bei einer Krankenkasse Aufnahme zu finden! Ueberlasse man doch lieber die Sorge, die Existenz der Arbeiterkrankenkassen durch rationelle Einrichtung und Verwaltung derselben zu sichern, einem Spezialgesetz oder einer Spezialverordnung, und beschränke man sich hier darauf, nur jene individuelle Verpflichtung, für die Tage der Noth und Arbeitsunfähigkeit zu sorgen, in das projektirte Gesetz aufzunehmen!

Wo dann Fabrikkrankenkassen bestehen, da wird es auch möglich sein, von Bundes wegen – durch das Mittel der Fabrikinspektoren – dafür zu sorgen, daß sie einerseits nach rationellen, anderseits aber auch nach humanen Grundsätzen verwaltet werden und bei dieser Verwaltung auch der Arbeiter selbst seine ihm gebührende Vertretung finde.

Wenn freilich einmal der Bund die Gründung einer schweizerischen Fabrikarbeiterkrankenkasse an die Hand nehmen wird, dann werden wir uns auch erinnern, daß für die Schwangere, die Wöchnerin, welcher um ihrer und ihres Kindes Gesundheit und Leben willen der Besuch der Fabrik für eine gewisse Zeit verboten wurde, damit allein noch lange nicht gesorgt ist, wenn wir nicht zugleich dafür Sorge

Empfohlene Zitierweise:
Carl Zehnder: Aerztliche Glossen zum Fabrikgesetz-Entwurf : mit Anhang. Cäsar, Zürich 1876, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:ZehnderAerztlicheGlossen.pdf/39&oldid=- (Version vom 1.8.2018)