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können hievon auch aus eigener Anschauung sprechen. Wohl sind es nun nahezu 8 Jahre, seitdem wir die Sanitätsdirektion unseres Kantons, veranlaßt durch die schlimmen Zustände in einer unserer Untersuchung unterworfenen Zündholzfabrik auf diese Gefahren wiederholt aufmerksam und Vorschläge zur Bekämpfung derselben gemacht haben.

Der Eindruck, den wir bei jenen Untersuchungen empfingen, war ein so mächtiger, daß wir schon damals darauf hinzuweisen wagten, daß, wenn irgend eine Industrie im Interesse der Arbeiter sowohl als des Publikums vom Bunde expropriirt und als Staatsregal betrieben werden sollte, es gewiß diejenige der Zündholzfabrikation sei.

Die Verhältnisse derselben sind ganz eigenthümliche.

Einmal ist das aus weißem Phosphor bereitete Zündholz an sich ein höchst gefährliches Fabrikat. Es kann zu Vergiftungen – durch Mord oder Selbstmord – sehr leicht benutzt werden. Es ist schon in hunderten von Fällen die Ursache von verheerenden Feuersbrünsten geworden. Allein auch die Fabrikation selbst ist nicht nur deßhalb eine ausnehmend gefährliche, weil der weiße Phosphor ein intensives Gift ist; sie wird es noch mehr dadurch, daß die Wohlfeilheit des Fabrikates auf den Lohn des Arbeiters so sehr drückt, daß sich die in Zündholzfabriken beschäftigten Individuen nur aus 10% männlichen, dagegen aus 30% weiblichen und 60% jugendlichen Arbeitern zusammesetzen.[1] Und doch sind es gerade die weiblichen und jugendlichen Individuen,

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Carl Zehnder: Aerztliche Glossen zum Fabrikgesetz-Entwurf : mit Anhang. Cäsar, Zürich 1876, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:ZehnderAerztlicheGlossen.pdf/48&oldid=- (Version vom 1.8.2018)
  1. Hirt, III. Theil, pag. 116.