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es ja kein Geheimniß mehr ist, daß die schweizerische Aerztekommission, die jüngst in Olten getagt hat, die ärztliche Stellung jenem Entwurfe gegenüber nicht ganz in der Weise aufgefaßt wissen wollte, wie dieß in jenen polemischen Artikeln, die fast vermuthen lassen, daß der Verfasser trotz seines ärztlichen Berufes auch der Industrie nicht allzu ferne stehe, geschieht.

Bevor wir indessen auf unser Thema eintreten, vorerst einige Worte zur Orientirung!

Wenn wir von unserem hygieinischen Standpunkte aus gegen die Ansichten und Absichten unserer Industriellen, wie sie in dem Entwurfe der Delegirten des schweizerischen Handels- und Industrie-Vereines (Nr. 396 der N. Z. Z.)[1] und ebenso in jenen Artikeln „wider den Normalarbeitstag“ niedergelegt sind, Front zu machen uns gezwungen sehen, so sind wir dennoch weit davon entfernt, in den Chorus der Sozialisten von Profession mit einzustimmen über die blutsaugerische Ausbeutung der Fabrikarbeiter, über ihre Sklaverei, über ihr Helotenthum und wie die Schlagworte alle heißen. (Und doch wird zu Stadt und Land der Mangel an Knechten und Mägden immer größer, weil sich Alles der Industrie – als Fabrikarbeiter – in die Arme wirft!)

Wir hassen vielmehr diese Kampfesweise, hassen die bei unseren Arbeiterzuständen in der Schweiz geradezu unverantwortliche und gewissenlose Art, wie man die Arbeiter gegen die Arbeitgeber, die Besitzlosen gegen die Besitzenden zu hetzen sich bemüht und den Klassenkampf entzündet und

immer wieder neu anschürt. Es ekelt uns, dabei Leute eine

  1. Vgl. Anhang.
Empfohlene Zitierweise:
Carl Zehnder: Aerztliche Glossen zum Fabrikgesetz-Entwurf : mit Anhang. Cäsar, Zürich 1876, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:ZehnderAerztlicheGlossen.pdf/7&oldid=- (Version vom 1.8.2018)