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kaum den Namen eines Saumpfades verdient, ist schon bei Tage kein Vergnügen. Nun wurde es aber bald stockfinster, so dass wir keine Spur mehr von dem Wege erkennen konnten. Zwar zündeten die Führer Fackeln an; da wir aber wieder in einer langen Linie hinter einander reiten mußten und bei dem ungleichen Schritte der Pferde und Maulthiere uns oft weite Strecke von einander entfernten, waren die Fackeln von wenig Nutzen. Höchst bewunderungswürdig war aber der topographische Instinkt und der sichere Tritt der Maulthiere und der kleinen Bergpferde, welche trotz der stockfinsteren Nacht und trotz des abscheulichen Weges nicht einen einzigen Fehltritt thaten.

Wir waren alle im höchsten Grade ermüdet. Herr Wildpret und ich schliefen auf dem Rücken unserer Maulthiere, an deren Sattel uns die Führer fest gebunden hatten, fast beständig, obwohl der holperige Weg uns arge Stöße versetzte. Herr M. war so todtmüde, daß er durchaus unter den Retamabüschen zurückbleiben und am folgenden Morgen nachkommen wollte. Es kostete viel Ueberredung, ihn im Sattel festzuhalten. Noch übler befand sich Herr F., dessen Knie von dem am Morgen empfangenen Hufschlage des Maulthiers heftig schmerzte. Am übelsten war der arme Dr. G. daran, dessen Magen sich durch eine ungewöhnliche Neigung zur Seekrankheit auszeichnete. Er litt während des Hinabreitens stundenlang an diesem Uebel, gerade so wie vor drei Wochen, als wir von einem kleinen portugiesischen Schraubendampfer im biscayischen Meerbusen arg geschaukelt wurden. Eine Stunde oberhalb Orotava wurde ein kurzer Halt von einer Viertelstunde gemacht, damit sich unsere zerstreute Caravane sammeln konnte. Im Nu waren wir Alle von den Maulthieren herunter und lagen auf dem steinigen Boden in tiefen Schlaf versunken. Endlich um 10½ Uhr Abends war Orotava glücklich wieder erreicht. Wir waren volle 22 Stunden unterweges, und im Ganzen kaum 2 Stunden Rast abgerechnet, 20 Stunden ununterbrochen in Bewegung gewesen.

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_028.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)