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Conchylienreste, namentlich die faustgroßen Gehäuse der Ampullaria[1], welche, in ihrer Art ein Riese, ebenbürtig den gewaltigen Bewohnern des großen Flusses erscheint. Am linken Ufer trafen wir viele Schilluk-Fischer an, die auf Kähnen von Ambatschbolz entenartig über den Strom gewatschelt kamen. Aus 2–3 Dutzend mittelgroßer 3jähriger Ambatsch-Trieben läßt sich sehr leicht ein solcher Kahn herstellen, denn da sich der Stamm der Herminiera von 6 Fuß Höhe über dem Wasser an schnell verjüngt, so braucht man nur ein Bündel derselben zusammen zu thun, um Gestalt und Wölbung einer zierlichen Gondel zu erhalten. Der Gebrauch derselben aber erfordert viel Uebung, da bei der geringsten Verlegung des Schwerpunkts ein Umschlagen zu befürchten ist. Hat der Schilluk eine Wasserparthie beendet, so greift er nach seiner Gondel, wie ein Hoplit nach dem langen Schilde, und trägt sie landeinwärts, theils um sich ihren Besitz zu sichern, theils um derselben durch Austrocknen eine vermehrte Tragkraft zu ertheilen. Das Gewicht eines trockenen Ambatschkahns beträgt höchstens 40 Pfund.

Die fieberhafte Furcht vor erneuter Bienenplage hält die Schiffsmannschaft nicht davon ab, einen leidlich geraden, aber sehr knorrigen Balanitee-Stamm von nur 10 Fuß Länge für das geknickte Centrum der großen Segelstange zu verwerthen. Ein altes Stück nordischen Tannenholzes, hat es nun nach Jahre langen Diensten auf wer weiß wie vielen Barken und in wie vielen Breiten das Ziel seiner Geschicke hier auf dem Weißen Nil erreicht, verfällt wegen unzähliger Risse, die keine Rindshaut mehr zusammenhalten will, der Axt, und muß brennen.

24. Januar 1869. Endlich hat man Faschōda (früher auch Denāb genannt) erreicht, den Sitz eines Mudirs für den Weißen Nil und Hauptwaffenplatz der Aegypter für die Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft in diesen entlegenen Gebieten. Hier pflegen alle stromaufwärts fahrenden Barken einige Tage zu verweilen, theils um die Kornvorräthe zu completiren, theils um ihre Papiere, welche die Liste der Schiffsmannschaft und der Privatsoldaten enthält, der Kopfsteuer wegen revidiren zu lassen.

Wegen der geringen Tiefe auf der westlichen Seite, auf welcher die Stadt errichtet ist und dem in dieser Jahreszeit schnell zurücktretenden Strome halten die Barken an einer schmalen Insel, welche durch eine Art Knüppelweg mit dem Festlande verbunden ist. Faschōda selbst besteht aus einem großen Complex Tokkul-Hütten mit Kegeldach von Stroh und unregelmäßigem Erdgemäuer ägyptischer Art. Das Ganze wird von einer hohen Erdmauer umgeben, deren


  1. Nach Dr. v. Martens A. Wernei Philippi.
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_041.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)