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deren solide Rhizome die Taue zu befestigen, welche alsdann von den Barken aus angezogen werden. Mit genauer Noth bewältigt man solchergestalt die starke Strömung; die Wassertiefe ist hinreichend, allein die Enge der Fahrstraßen nimmt immer mehr zu, bis man bei Sonnenuntergang an Papyrus befestigt vor Anker geht, ohne Aussicht auf ein Durchdringen in der versuchten Richtung. Umgeben von dem lebhaften Funkeln zahlloser Lampyri (Joharras genannt) und dem gewaltigen Geplätscher unmittelbar in unserer Nähe auftauchender Nilpferde, welche von den vielen Schiffen in die Enge getrieben, weder ein noch aus wissen, wie wir selbst, bleibe ich ganz versunken in andächtiger Betrachtung dieser vom Papyrus dargebotenen großartigen Gemälde der Wasserflora. Er hat wirklich ungemein viel zur Verehrung der unsichtbaren Mächte Aufforderndes an sich und als ein Gebilde von einer anderen Welt erscheinend wirkt er magisch auf die Phantasie des Beschauers. Tage und Wochen vergingen in der Folge bei vertrautem Umgange mit dieser wunderbaren Erscheinung der Nilflora, aber sich sattzusehen an den göttlichen Formen vermochte mein Auge nicht.

Seit den letzten Tagen erschienen, sobald die Sonne ihrem Untergange nahe war, Massen winzig kleiner grüner mit dicken Federfühlern bewehrter Mücken, welche unschädlich dem Menschen und nur durch das laute Gesumme unangenehm, kurz nach Einbruch völliger Dunkelheit zu verschwinden pflegten, um in den frühen Morgenstunden wiederzukehren. Länger hielten die punktirtbeinigen Mücken an, wurden jedoch auch bald durch die Kühle der Nacht verscheucht. Durch geringeres Gesumme um so gefährlicher sind ihre Stiche nicht von so langwährendem Jucken begleitet, wie die ihrer nordischen Schwestern, dagegen erscheint die Leichtigkeit, mit welcher sie ihre Rüssel durch die dicksten Baumwollenstoffe hindurchsenken, als ein Uebel, gegen welches nur Mosquitonetze zu schützen vermögen.

12. Februar. Nach erneuten nutzlosen Versuchen auf der angebahnten Straße, machen schließlich alle Barken Kehrt, und treten, alle Anstrengungen des gestrigen Tages rückgängig machend, in ein anderes nach nordwärts sich öffnendes Canalsystem ein. Alte sechsjährige Ambatschstämme, nicht stangenförmig aufgeschossen wie die jüngeren sondern vollkommen baumartig verästet und von 20 Fuß Höhe bergen an ihrer mannstarken völlig verholzten Stammbasis, welche breite Markstrahlen zeigt, ein Gewimmel kleiner Ameisen, welche auch diesem Reste kurzlebiger vegetabilischer Ueppigkeit bald den Garaus machen werden.

An dem Grasgeflecht dieser halbschwimmenden Pflanzendecke betheiligten sich an jener Stelle außer dem Papyrus in erster Reihe, auch Cissus digitata, Ipomaea reptans, Vigua nilotica, Calonyction acanthocarpum

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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_055.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)