Seite:Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin V 114.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

vielmehr lediglich auf den Aufkauf von Elfenbein im Gebiete ihrer Niederlassungen selbst angewiesen waren, sich von diesem Handel zurückziehen mußten, als einerseits das Elfenbein in ihrer Nähe verschwand, und sie andererseits der Concurrenz, welche ihnen durch illegale Mittel der erwähnten Art die einheimischen Firmen mit größtem Erfolge machen mußten, nicht mehr Stand halten konnten. Kein neuer Speculant hat es seitdem versucht, in ihre Fußtapfen zu treten, und wie der Chartūmer Handel selbst von Jahr zu Jahr mehr seine europäischen Repräsentanten einbüßt, so wird voraussichtlich der Einfluß des europäischen Handels überhaupt in diesen Ländern mit der Zeit ganz aufhören, wenn nicht die aegyptische Regierung selbst als belebende Kraft auftritt, und vor Allem den Handel am oberen Nil monopolisirend auf rechtliche Grundlagen zurückführt, was ihr nicht schwer werden dürfte, da für sie allein die Verhältnisse noch günstig sind. Indeß, um dieses weiter auszuführen, ist hier weder der Raum noch die passende Stelle geboten, ich kehre daher zu der Betrachtung des Landes selbst zurück und zu seinen ursprünglichen Bewohnern.

Die erste Rolle unter den Eingeborenen des Gebiets gebührt unstreitig den Bongo[1]; die unbotmäßigen Dinka nehmen das ganze nördlich und nordöstlich gelegene Land ein, und von den Djūr hat die Hauptseriba nur den Namen, weil ein Dorf derselben dazu gehört, im Gegensatze zu den fünf südlichen Filialseriben, deren Bevölkerung ausschließlich aus Dōr besteht, und welche daher von den Nubiern gemeinsam Derāu genannt werden. Da ich die anderen Stämme noch zu wenig kenne, so mag alles, was ich in Folgendem mittheilen will, auf die Dōr bezogen werden. Das Gebiet der Djūr erscheint auf der Heuglin-Hassenstein’schen Karte zu weit ausgedehnt; es ist meines Wissens hauptsächlich auf die Ufer des Djūr, des Wau (Njenām) und des Mōlmul beschränkt, und erreicht im Süden kaum den 7° nördl. Breite. Die Dōr dagegen nehmen alles Land bis zu den Mandu-Bergen ein (6° 30′), und dehnen sich gen Osten bis etwa 28° 30′ östl. von Gr. aus, wo sie auf die Māttu stoßen, die ihnen verwandt zu sein scheinen, allein eine abweichende Sprache reden.

Meist mittlerer Statur sind die Bongo in mehr als einer Hinsicht von den Dinka unterschieden. Zunächst fallen sie durch das weit lichtere Pigment ihrer Haut auf. Zwar giebt es auch unter ihnen viele ebenholzschwarze Gestalten, allein die Mehrzahl trägt ein Kupferroth zur Schau, welches nicht selten demjenigen der nördlichen Nubier, deren Confrontirung täglich zu Gebote steht, gleicht. Im Hinblick auf diese Farben gleichen sie den Niām-Niām, die wiederum durch


  1. Die Bongo sind Dōr, aber nicht alle Dōr nennt man Bongo.
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_114.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)