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Besprechung verdient die industrielle Thätigkeit der Bongo, welche in mancher Hinsicht viel technisches Geschick bei gänzlichem Mangel an Handwerkzeug an den Tag legen. Daß sie die Djūr in der Schmiedekunst noch übertreffen und mit ihrem rohen Blasebalg und dem stiellosen Steinhammer Producte erzeugen, welche Sachkenner als die ziemlich gute Arbeit eines englischen Land-Schmieds anerkannten, hat bereits Petherick (S. 395) in seinem bis auf die ungenauen Routenangaben, welche er zum Theil blos von Hörensagen niedergeschrieben, nicht uninteressantem Buche „Egypt, the Soudan and Central Afrika“ besprochen, wo er auch die eigenthümliche Methode beschreibt, nach welcher die Bongo das Eisen[1] gewinnen. Proben dieser Kunst sind als Randverzierung auf der Hassensteinschen Karte zu Heuglin’s Reise abgebildet, zu welchen sich die Holzschnitzarbeiten gesellen. Auch Elfenbeinringe, als seltener Schatz von den Männern am Oberarm getragen, werden zierlich verfertigt, kugelrunde Thongefäße von allen Größen gebrannt, Körbe geflochten, und Netze aus hanfähnlichem Bast geknüpft, mit welchem sie Wild fangen, welches sich beim Steppenbrande in denselben verschlingt.

Alle Bongo sind leidenschaftliche Musiker, und obgleich ihre Instrumente ganz primitiver Natur sind, kaum diesen Namen verdienen, und die zierlichen, nach allen Regeln der Akustik gebauten Guitarren der Niām-Niām ihnen ein Räthsel bleiben, so sieht man sie doch überall und zu jeder Stunde ihren Klimpereien nachhängen. Am leidenschaftlichsten sind die Knaben und jüngeren Leute. Sie verfertigen sich kleine Flöten, schlagen mit einer kleinen Ruthe auf die straffe Sehne eines Bambusbogens, dessen Ende vor die Mundhöhle gehalten wird, welche als Resonanzboden dient, oder sitzen stundenlang vor einem solchen Bogen, den sie in die Erde gesteckt haben, und dessen Sehne sie über eine verdeckte Erdhöhle befestigen, welche nebenbei ein Schallloch hat. Indem sie nun die Hand bald an diese bald an jene Stelle des Bogens legen, erzeugen sie eine Menge klingender, oftmals ganz hübscher Modulationen. Namentlich waren es Knaben, die sich beim Weiden der Ziegen auf solche Weise die Zeit vertrieben, und mit größtem Ernst und sichtlichem Kunstgenuß ihren Studien oblagen.

Allein weit gewaltigere Mittel den Tonsinn zu wecken, als diese kindischen Spielereien, kommen bei ihren Festen zur Geltung, deren Orchester gewöhnlich in die ausgelassenste Katzenmusik ausartet.


  1. Petherick spricht fälschlich von Sandstein, was mir ein Räthsel scheint, da er ein Bergingenieur von Fach ist. Weder v. Heuglin noch ich haben in diesen Gebieten irgendwo Sandstein gesehen.
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Diverse: Zeitschrift der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin. Fünfter Band. Berlin: Dietrich Reimer, 1870, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zeitschrift_der_Gesellschaft_f%C3%BCr_Erdkunde_zu_Berlin_V_118.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)